Ciao Martino,
welche "Diktatur" meinst du, die von der SVP (hat jemals dort eine andere Regierung die Mehrheit gehabt?) oder Berlusca, Fini und Co?

Wohl eher die von meinem "Freund" Silvio >:D<
Du weißt, "wir" Italiener lieben "Abkürzungen" und ziehen "Mund-zu-Mund-Propaganda" dem Lesen vor. Ich glaube, ich habe hier einmal geschrieben, dass beispielsweise "Deutsche" (als Verallgemeinerung, die es ja so nie wirklich gibt), wenn sie Infos brauchen, "schlaue" Bücher öffnen, vielleicht das Gesetzbuch nachschauen und/oder sich im Internet die nötigen Infos aneignen. Bei uns ist das anders. Caio ruft Sempronio an und fragt ihn nach einer Sache, der sagt, er wisse es nicht, aber er werde Tizio fragen, der einen Onkel hat, dessen Schwester mit dem Schwager des Bürochefs verheiratet ist, der täglich die Gazzetta liest und mit dem Minister per Du ist, der dann auch Tizio anruft und meint, er wisse das auch nicht, also werde er seinen anderen Schwager anrufen, der letztens irgendwo darüber gelesen hat.
Das nennt man italienisches "Informationsnetz" X( ::o B)-
Das Problem mit dem "Anderen" ist eine Sache der Angst vor allem "Fremden". Anstatt darin eine Quelle, eine Chance zu sehen, empfinden viele nur Angst. Das ist in Deutschland nicht anders als in Italien oder sonst wo. Wer schon einmal in einem Dorf als Fremder war, wird sehr schnell diese misstrauischen Blicke kennen.
Ich glaube, das ist etwas "Menschliches", denn normalerweise haben Menschen, die viel reisen einen erweiterten Horizont und sehen viele Dinge anders. Wie sagte mein Großvater immer? Je mehr du in der Welt reist, desto mehr Welt trifst du, was soviel bedeutet, dass du überall immer ein ähnliches Prinzip finden wirst. Es gibt, gute, schlechte und gleichgültige Menschen, egal wo du bist, wo dich aufhältst.
Ich habe Afrikaner kennen gelernt, denen ich 1000x eher eine Hand geben würde, als so manchem meiner Landsleute und genauso habe ich in die Augen von Rumänen und Albanern gesehen und gelesen, dass sie genauso Menschen wie du und ich sind, mal gut, mal schlecht, aber die Verallgemeinerungen passen nie, schon gar nicht auf Einzelpersonen.
Südtirol ist nun ein Teil Italiens und das schon seit 90 Jahren. Es ist heute müßig, darüber zu diskutieren, wohin wer gehört. Wie viele Südtiroler sind nun wirklich noch "echte" Südtiorler, Wer ist nun wirklich "Italiener" und was bedeutet "Italiener" überhaupt? Der Sizilianer, der Venenzianer? Der "sudtirolese"? Der Römer?
Praktisch alle Grenzen Europas sind ein künstliches Gebilde und aus einer Vielzahl von Kriegen über die Jahrtausende und daher bin ich absolut überzeugt, dass die Grenzen, so, wie sie heute sind, auch beibehalten werden müssen. Weißt du Martin, für mich ist es persönlich egal, ob Sizilianer unabhängig werden wollen, Südtiroler zu Österreich gehören möchten, denn soviel Nationalismus ist nicht in mir, zumal ich mich eher als Europäer fühle, der einen italienischen Pass hat, in Italien lebt und in Deutschland geboren wurde. Ich liebe die Vielfältigkeit, die für uns Europäer eigentlich ein Segen sein müsste, denn wie du richtig sagst, ein Fluch. Wenn wir aber anfangen, die aktuellen Grenzen, die eh überall nicht wirklich mit ethnischen Gruppierungen übereinstimmen, zu verändern, kehren wir wieder dahin zurück, wo wir hergekommen sind, nämlich in den Jahrhunderten mit Kriegen. Daher bin auch ich der Meinung, Süditirol gehört zu Italien und basta, genauso wie Istrien nicht mehr zu Italien gehört und auch hier basta. Ich glaube, wenn man irgendwo anfinge, mit der Grenzverschiebung, hätte das ein Dominoeffekt zur Folge und dessen Ausgang ungewiss wäre.
Ich glaube auch, dass Südtirol in der aktuellen Form mehr Vorteile denn Nachteile hat, dass einmal zu Österreich genaus das widerfahren würde, was den Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung geblüht hat. Ich bin Tirol gewesen und was man mir über "Südtiroler" gesagt hatte, hat mich persönlich sehr erstaunt. Von wegen, dass man Südtirol haben wollte. Zurzeit genießt Südtirol eine weitreichende Autonomie und gewährt es eine Sonderstellung, die man nur mit Italien im Verbund hat und niemals mit Österreich zusammen. Da kann der Südtiroler Khol im österreichischen Nationalrat noch so reden wie er will
Mein Gott, 90 Jahre leben nun Südtiroler mit Italienern zusammen und für viele Südtiroler ist Südtirol Heimat wie für viele "Italiener". Mittlerweile dürften einige in der vierten Generation dort leben und ich möchte nicht wissen, wie viele Südtiroler mit einem Italiener und umgekehrt verheiratet sind. Mehr noch, die Zweisprachigkeit hat "euch"Südtirolern jede Menge Vorteile gebracht. Schau dir die Schweiz an, mit ihren verschiedenen Sprachen. Dass ein paar verrückte südtiroler Neonazis auf italienische Neofaschisten treffen, zeugt von viel Ignoranz bei euch wie bei uns und ich bin sicher, dass die Mehrzahl der Menschen in Südtirol, egal ob nun "deutschsprachige Südtiroler" oder italienischsprachige andere Probleme haben, als diese Hasstirraden der rechtsextremen Szene auf beiden Seiten.
Zu Berlusca...schau, es gibt drei Wählertypen Berluscas. Die einen profitieren von ihm und wollen niemals, dass Italien ein Rechtsstaat wird, denn das würde ein persönlicher Schaden sein. Dann gibt es solche, die hoffen, durch ihn zu profitieren un die dritte Gruppe, die oft mit der zweiten Gruppe einhergeht, ist so dumm, dass genau in das Profil passen, dass du genannt hast "ach der ist ja so nett (mit seinem Pferdelächeln, dass eigentlich selbst der größte Idiot als aufgesetztes Lächeln verstehen müsste) etc."
Dann gibt es aber auch noch einen weiteren Grund, Italien ist, wie du gesagt hast, manchmal sehr chaotisch und auch sehr kompliziert. Berlusca verspricht eine Einfachheit, die sich die Menschen erhoffen. Sie wollen icht hören, sie seien arm, sondern sie wollen "belogen werden", damit sie sich wohler fühlen können. Arm zu sein, ist nicht schön, aber das noch zu wissen, ist noch schlimmer
Berlusca tut so, als gebe es keine Bürokratie, als eine Art "Ritter", der die Sorgen der Menschen versteht. Dank des Medienfaschismus, der in Italien herrscht, kann er alles vielen Leuten einreden. Da will er in wenigen Wochen ganz Aquila aufgebaut haben, obwohl er es weiß, dass das Erdbebengebiet mindestens 10 Jahren und mehr braucht, damit die meisten Schäden behoben sein werden und die Leute in vernünftigen Wohnungen leben können. Er weiß, dass er das , selbst wenn er es wollte (er will es eh nicht, weil er ganz andere Interessen hat), das niemals vollbringen kann. Denn die Gesetze sind in Italien nun einmal so, wie sie sind und selbst wenn du das eine oder andere beschleunigen kannst, wird der Gro der Sachen eben Jahre dauern.
Aber das wollen die Menschen nicht hören, sie wollen lieber an einer schönen Lüge glauben, anstatt der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, dass man über Jahre teilweise in menschenunwürdigen Behausungen leben muss.
Aber ich möchte auch HIER ALLEN LESERN ERKLÄREN: BERLUSCONI hat NICHT die absolute Mehrheit der Wähler hinter sich.
35% (für seine Partei, bei denen die Fini-Ex-Faschisten sitzen, die 10-15% wert sind) haben Berlusconi direkt gewäht und dazu kommen noch einmal 10% für die Lega, also maximal 45-46% haben für Berlusconi gewählt.
55%, also MEHR ALS DIE HÄLFTE der Italiener hat GEGEN Berlusconi gestimmt. Das möchte ich hier noch einmal gesagt haben, denn viele im Ausland haben das Gefühl, "ALLE" Italiener hätten Berlusconi gewählt. Dass es in meinen Augen 45% zuviel Stimmen sind, das ist eine andere Sache.
Wir werden leider mit Berlusconi leben müssen, bis er von uns gehen wird. Denn ich bin mir sicher, dass wir einen Staatspräsidenten Berlusconi und dann einen Ministerpräsidenten Fini bekommen werden und darauf würde ich fast wetten und bisher habe ich mich in diesen Dingen noch nie geirrt.
Tanti saluti
Bernardo