Nun versuche ich mich einmal an der „Beratung“. Das Problem ist, dass für mich die Giulietta von Hause aus ein „No Go“ ist, die mir weder von außen noch von innen (mit dem Außendesign kann ich noch leben, mit dem im Innenraum nicht mehr). Für mich ist die Giulietta total „verbockt“, anders als das Design des Vorgängers oder des 159er, beides in meinen Augen wunderschöne Autos und auch von innen sehr angenehm, etwas fürs Auge. Anders ausgedrückt, bevor ich mir das „Julchen“ zulegen würde, würde ich einen Bravo vorziehen, der mir vor allem vom Innenraum her wesentlich besser gefällt. Aber das ist natürlich immer alles eine Frage des Geschmacks.
Dennoch gibt es auch substantielle Unterschiede zwischen Delta und Giulietta, die vielleicht die Entscheidung für den einen oder anderen erleichtert.
Dank SM sind beide Fahrzeuge unterschiedlich positioniert (lassen wir die unsinnige Diskussion beiseite, ob nun der Delta C- oder D-Segment ist oder was auch immer), denn der Delta ist größer, hat eine längere Plattform und somit liegen die Stärken des Deltas da, wo die Giulietta ihre Schwächen hat und umgekehrt. Also kommen wir zum „rationaleren“ Teil:
Die Giulietta ist „kompakter“, somit logischerweise dank beinahe 20 cm geringerer Länge „wendiger“ und erst beispielsweise in Brüssel leichter zum Parkplatzfinden geeignet

. Da kommt der Delta doch schon „unhandlicher“ daher.
Umgekehrt gewinnt der Delta eindeutig das Kapitel Platz und Kofferraum, wobei selbst der Bravo in Sachen Kofferraum doch schon mehr bietet. Die Giulietta ist hier „klassenüblich“. 350 Liter Kofferraumvolumen heißt mehr oder weniger wie bei einem A3, Golf etc. Der Delta hat selbst in seiner Mindestkonfiguration ein Volumen von 380 Liter, das sich dank einer verschiebbaren Rückbank (solange es sich nicht um die Exekutive-Variante handelt) auf 465 Liter erweitern lässt. Mittig sind es 420 Liter und dabei bietet man dann hinten doch deutlich mehr Beinfreiheit bei gleichzeitig größerem Kofferraum.
Für einen, der also Platz hinten braucht und/oder auch einen größeren Kofferraum, für den ist die Giulietta de facto eher ungeeignet und der Delta „erste“ Wahl. Wer aber nun nicht unbedingt hinten viel Kniefreiheit braucht, weil er vielleicht eh nur allein sitzt oder kleine Kinder hat und/oder vorne eine eher „kleinere“ Person sitzt, für den ist die Giulietta sicherlich eine Option und wer um jeden Zentimeter Parkraum kämpfen muss, klar die erste Wahl.
Die Giulietta basiert zwar auf der „Stilo-Plattform“, ist aber eine Weiterentwicklung, bei die Gewichteinsparung, die neueren Crashnormen und vor allem Variabilität für zukünftige Produkte des C- und D-Segments. Das Giulietta-Projekt ist neuer mit allen den Vorteilen, die so etwas mit sich bringt, wie auch der Delta diesbezüglich gegenüber den Bravo gewinnt, einfach „jüngerer“ zu sein, somit sofort gewisse Neuerungen einflossen.
Die Karosse des Deltas ist vor allem nach hinten nicht gerade die übersichtlichste, aber ich habe jetzt nicht in Erinnerung, ob die der Giulietta hierin besser ist, beim Delta habe ich es ja jedes Mal vors Auge, wenn ich mit meinem fahre

.
Die Motorhaube hat Dämpfer, beim Delta nicht, allerdings ist es eher ein „Schönheitsfehler“, denn ein „funktionaler“, denn die Haube vom Delta ist sehr leicht. Die Giulietta hat weiße Türkontaktleuchten, hiermit weniger als beim Stilo, der auch noch die roten Strahler hat, aber mehr als beim Delta, der nur „Katzenaugen“ bietet. Das Handschuhfach ist bei der Giulietta mit Filz ausgelegt, beim Delta nicht, dafür beim Delta die Mittelarmlehne, nicht bei der Giulietta, die sich aber bei der Giulietta einfach hochklappen lässt, beim Delta nur, wenn man das Fach öffnen will. Der Delta besitzt am Armaturenbrett das „Benova“, das wie Leder wirkt und gerne hier in I als „Eco-Leder“ bezeichnet wird. Bei der Giulietta hast du dort nur eine Plastikeinlage und an sich wirkt das Armaturenbrett weniger wertig aus, genauso wie die Türverkleidungen, speziell die hinteren.
Dafür hat die Giulietta eine doppelte Türdichtung, was dafür sorgt, dass die Türrahmeninnenflächen nicht so schnell verschmutzen wie beim Delta. Die Navi-Position ist auch nicht unbedingt „ideal“ bei der Giulietta, aber wenn ich das richtig in Erinnerung habe, gibt es hier einen Touchscreen, den es für den Delta nicht gibt.
Die Giulietta hat Sportsitze, der Delta nicht. Die Motorenauswahl ist bei der Giulietta einfach größer, wenn man vom Biturbo-Diesel einmal absieht. Das TCT-Doppelkupplungsgetriebe gibt es in Verbindung mit der Giulietta, nicht aber mit dem Delta.
Nun zum eher „emotionalen“ Bereich, um die persönlichen Vorzügen und Lieben:
Das Außendesign der Giulietta empfinde ich als „enttäuschend“, während ich das des 147er für wirklich gelungen finde, egal ob das des De Silva-Original-Design oder das der Restyling-Variante von Giugiaro. Die Giulietta wirkt wie „zusammengeschustert“, so als sei da ein „Koch“ dabei gewesen, der aus einer Vielzahl an Zutaten einfach wild eine Zusammenstellung gemacht hätte, ohne darauf zu achten, ob das nun auch alles wirklich zueinander passt.
Während Bravo und vor allem Delta einer gewissen Logik folgen, beim Delta beispielsweise beim Design durchweg das Delta-Logo sich erkennen lässt, fehlt diese Logik bei der Giulietta. Der gelungenste Teil ist in meinen Augen das Heck. Die Lampeneinheit hinten hat ein wunderschönes Nachtdesign und zählt für mich zu den schönsten Darstellungen aller mir bekannten Fahrzeugen. Allerdings, anders als beim Delta, hat man die LED-Technik nicht komplett genutzt und sind die Blinker hinter nach „traditioneller“ Art.
Dafür sind die vorderen LEDs ein „Witz“, zum einen wirken sie wie aus dem Zubehör, zum anderen gehen sie bei eingeschaltetem Licht komplett unter. Beim Delta siehst du die LEDs selbst bei Xenon mit eingeschaltetem Fernlicht, bei der Giulietta nicht einmal bei Abblendlicht oder nur sehr schwer.
Die Seitenansicht leidet etwas in der Heckpartie, aber beim Delta wiederum stört etwas die vom Ursprungsdesign verlängerte Ansicht (um ihn oberhalb der Kompaktklasse anzubieten, wurde die Plattform um 10 cm verlängert).
Kann ich mit dem Außendesign noch leben, ist es mit dem Innendesign nicht weit her. Lange ist es her, dass mir ein „Italiener“ vom Innenraum her nicht gefallen hat. Das Armaturenbrett wirkt mir zu „minimalistisch“ könnte glatt als „BMW-Armaturenbrett“ durchgehen, die Drehknöpfe für die Klimaautomatik mögen bei einem SUV wie dem Renegade oder 500X noch gehen, aber nicht in einem „Premium-Kompakten“, den die Giulietta sein will. Sorry, da gefällt mir die Mittelkonsole selbst meines alten Puntos besser. Die Schalter wirken eher „billig“ und fühlen sich irgendwie „zerbrechlich“ an und nicht umsonst hat man beim Restyling diese entfernt
Die Navi-Position ist nicht ideal und ich möchte einmal sehen, wie das nach einigen Jahren aussehen wird, wenn man laufend den Monitor heraus- und wieder eingefahren hat, ob noch der Mechanismus dann noch funktioniert und nichts daran „klappert“, aber selbst wenn das alles so durchdacht ist und für die „Ewigkeit“ gebaut, empfinde ich die Lösung im Delta oder Bravo (genauso wie zuvor im 159er oder gar 147er) einfach als schöner.
Das Armaturenbrett wirkt mit dieser Plastikeinlage in Wagenfahre einfach „billig“. Das mag für einen FIAT 500 noch angehen und ihm stehen, aber in einer Giulietta in Verbindung mit lauter Hartplastik nicht mehr.
Die Türverkleidungen wirken auch nicht sonderlich „hochwertig“, da sind die sogar im Bravo besser.
Wie gesagt, das sind persönliche Eindrücke und bezieht sich auf meinen persönlichen Geschmack, der ja vielleicht ganz anders sein kann als seiner.
Zu deinen drei Vorschlägen ist zu sagen, dass es erst einmal darum geht, wie von mir bei den Vor- und Nachteilen beider Fahrzeuge angeführt, für welchen Einsatzzweck du das Auto brauchst, was für ein Fahrer du bist, eher „gemütlich“ oder doch schon gerne etwas mehr „Kraft“ haben möchtest, oder du besonders auf die Spritkosten achtest oder das nicht so ganz verbissen siehst.
Wenn Platz keine Rolle spielt, dir die Giulietta gefällt, du mit meiner „Design-Kritik“ nichts anfangen kannst, und du es doch wenigstens etwas „sportlicher“ liebst, ist die Giulietta – mit einer Einschränkung – erste Wahl. Einschränkend insofern, als dass prinzipiell „sportlichere“ Marken/Modelle „sportlicher“ gefahren werden, du somit genauer hinschauen musst, ob der Vorbesitzer nicht ein „Heizer“ war, was bei einem Alfa leichter zu finden ist als bei einem Lancia, erst recht, wenn es sich um einen 1,6er Diesel handelt.
Brauchst du Platz bzw. Kofferraumvolumen, möchtest auch möglichst „geringe“ Spritpreise haben, ist dein Fahrstil eher „gemütlicher“ Natur, dann ist einer der beiden Deltas auf jeden Fall die erste Wahl. Ob Automatik oder nicht ist dann auch eine persönliche Entscheidung. Für mich war früher ein Automat ein „No Go“ und beinahe hätte ich mir den 1,8er Delta eben wegen des Automaten nicht genommen. Im Nachhinein aber bin ich froh, dass es den Delta nur mit Automatik gab, denn so war ich gezwungen, die für mich wohl doch „beste“ Entscheidung zu treffen.
Prinzipiell ziehe ich den T-Jet dem 1,6 MTJ vor, aber das hängt mit meinem Verständnis von Autofahren zusammen und da ich prinzipiell nicht gerade ein Diesel-Freund bin. Der 120er-T-Jet ist sehr spritzig, zieht vom Standgas ab hoch, besitzt nahezu kein Turboloch und wirkt weit leistungsstärker als es die 120 PS vermuten lassen. Anders ausgedrückt, im Alltag merkst du kaum einen Unterschied zu einem 1,8er Delta beispielsweise, der seine Leistung nur dann ausspielen kann, wenn man „Kampflinie“ fährt, aber nicht weil der 1,8er so schlecht ist, als vielmehr weil der 120er im unteren und mittleren Drehzahlbereich seine Stärken hat. Dafür wird dann halt die Luft oberhalb von 5.000 Touren halt sehr dünn.
Der 120er T-Jet ist im gleichen Fahrzeug eindeutig „spritziger“. Der Delta wiegt als T-Jet rund 100 Kg weniger und das macht sich bemerkbar. Dazu besitzt der 1,6er MTJ eine für MultiJets typische Anfahrschwäche, die durch eine doch sehr lange Übersetzung noch verstärkt wird.
Prinzipiell ist der Automat daher beinahe „geeigneter“ als die manuelle Schaltung. Der 1,6er steht in den Ruf, besonders sparsam zu sein und es ist beeindruckend, was so beispielsweise hier in Italien die 1,6er-Fraktion an Verbrauchswerten angibt. Da werden Werte von 5 bis 5,5 Liter angegeben. Da wirst du mit dem 120er T-Jet kaum hinkommen. Beim T-Jet musst du erst einmal „lernen“, wie man optimale Werte erhält und verstehen, dass man ihn beinahe wie einen Diesel fahren sollte. Dann sind Werte zwischen 6 und 8 Liter drin (ich beziehe mich auf den Delta, aber ich denke mir, dass da zwischen Delta und Giulietta in der Praxis, wenn überhaupt, nur ein sehr geringer Unterschied messbar ist).
Der 1,6er Diesel steht in den Ruf – wie viele moderne Diesel – DPF-Probleme zu haben. Die italienischen Foren sind voll davon. Das hat vielerlei Gründe. Zum einen kannst du an den angegebenen Verbrauchswerte erkennen, wie die Fahrer ihre Fahrzeuge fahren, zum anderen ist die Übersetzung des Diesels sehr lang, was die Probleme noch steigert, nämlich dass der Diesel gerade auf Kurzstrecken kaum auf Temperatur kommt.
Wenn dann häufiger die Regenerationsphase abrupt unterbrochen wird, weil man vielleicht schon vor den Türen der Arbeitsstelle ist und, wie das Leben oft so spielt, genau dann die Regenerationsphase einsetzt, oder einfach sich keine Gedanken darüber gemacht hat, ist es eine Frage der Zeit, dass der BC dich auffordert, die nächste Lancia-Werkstatt anzusteuern.
Dann kann es auch passieren, dass du häufiger das Öl wechseln musst. Ich habe von Diesel-Fahrern hier gehört, dass sie das Öl schon bei 10.000-15.000 Km tauschen mussten. (Während der Regenerationsphase wird zusätzlich Diesel eingespritzt, der dann unverbrannt in die Ölwanne gelangt und hier das Öl dünnflüssiger macht).
Fährst du also besonders viele Kurzstrecken, fast nie Autobahn, wäre besser, du würdest dir ein Fahrzeug mit dem T-Jet zulegen, also bei deinen Beispielen die Giulietta. Fährst du viel Autobahn und/oder bereit, einfach einmal in der Woche eine längere Strecke auf der Autobahn zu machen, willst nicht um jeden Preis „Verbrauchsrekorde“ brechen, wäre auch der 1,6er Diesel sicherlich eine gute Wahl.
Da du bewusst den 1,8er hier genannt hast, die Giulietta wohl erwähnst, weil sie dir gefällt, würde ich dir prinzipiell dann eher zu der von dir hier verlinkten Giulietta raten, eben weil der T-Jet doch dann mehr Fahrspaß bietet als der Diesel, der eher etwas für „bequeme“ Fahrer ist, die mehr den Komfort vorziehen.