Meinst du mich?
Nun ich sprach davon vor über einem halben Jahr (vielleicht 7-8 Monate), wenn ich das noch gut in Erinnerung habe, denn da wurde der Lancia-Junior-Chef notoperiert und dann war der Autohaus-Seniorchef die ganze Zeit im Krankenhaus und konnte nicht an der „außerordentlichen FCA-Händler-Versammlung“ (da noch „FIAT-Group“

).
Schon da habe ich das „unter Vorbehalt“ geschrieben und das auch erwähnt, denn mein Freundlicher war ja nicht da, also bekam er das von einem Teilnehmer gesteckt, der ja auch seinerseits das aus seiner Sicht wiedergegeben haben dürfte. Daher weiß ich natürlich nicht, was davon nun so wortwörtlich gesagt wurde und was davon halt eine Interpretation einer dritten Person ist.
Aber man muss kein Prophet sein und auch kein Wahrsager, um zu verstehen, dass gerade die italienischen Händler die Entwicklungen in Turin mit Misstrauen und Skepsis sehen. Also ist man in Turin sicherlich bemüht, erst recht, weil es gerade beim Panda doch zu heftigen Reaktionen von den Händlern kam, die Wogen etwas zu glätten und wie du ja selbst oft lesen konntest, kommt ein SM eines Tages, zündet einer seiner „Geniestreiche“, während dann die Mittarbeiter hinterher bemüht sind, den Brand zu löschen und dann die Aussagen etwas zu relativieren.
Daher kann es natürlich auch sein, dass die Vertreter aus Turin hier nur „Nebelbomben“ gezündet haben, einfach vielleicht eine Art „Baldrian“, um die Gemüter zu beruhigen. Aber das wird nur die Zeit bringen.
Sicherlich muss man in Turin Überlegungen anstellen, sollte Lancia komplett verschwinden, wie man die 50.000-70.000 Fahrzeuge, die Lancia den Händlern „garantierte“, anderweitig kompensiert werden kann und die Aussage, „da kommt der 500x, der dann ein riesiger Erfolg wird, zieht sicherlich nicht bei den Händlern, da im Endeffekt der 500x bestenfalls verlorenes Terrain zurückgewinnen lässt, aber allein sicherlich keine Kompensation für Lancia wäre. (selbst wenn der 500x eine „Erfolgsstory“ werden würde, wird es schwer sein, um nicht zu sagen, unmöglich, allein die dann fehlenden Lancia-Zahlen auszugleichen).
Ich war jetzt länger nicht mehr bei meinem Freundlichen bzw. habe nicht oder eben nur immer nur kurz mit den Lancia-Chefs geredet gehabt, also kann ich nicht sagen, wie der Stand der Dinge ist, aber seinerzeit war es halt auch nur eine „Absichtserklärung“ und angesichts der Flexibilität eines SM hat die in der Regel eine extrem kurze „Halbwertszeit“.
Dass es „sooo lange“ dauert, hat sicherlich verschiedene Gründe. Zum einen braucht ein Produkt, wenn es komplett neu entwickelt wird, ca. 24/36 Monate bis zur Serienreife, auf einem anderen Modell aufbauend immer noch rund 15-18 Monate. Dann hat Marchionne in der Phase der Krise ausgerufen, keine neuen Produkte auf den Markt zu bringen, weil diese nach seiner Meinung vom schwachen Markt nicht absorbiert würde. Und in der Tat haben wir zurzeit an den Märkten insgesamt eher eine „Stabilisierung“ auf einem sehr niedrigen Niveau. Und die Steigerungen der letzten Zeit sind eher „physiologischer“ Art, denn wirklich als „Aufschwung“ zu betrachten (die Autos werden mit riesigen Aktionen und einer großzügigen Rabattaktion an den Mann gebracht, dazu wird der eine oder andere, der zuvor einen Kauf verschoben hat, irgendwann ein neues Auto haben wollen/müssen).
Wenn du dann immer wieder bei „0“ anfangen musst, dauert es jedes Mal wieder die Zeit, bis ein Produkt zur Serienreife herauskommt, wobei dann die Markteinführung ja auch noch einmal mindestens weitere 6 Monate dauert und nicht selten ein weiteres Jahr vergeht, bis wirklich die Produktion im vollen Gange ist und die ersten wirklich bestellten Fahrzeuge zum Kunden finden.
Ob die Strategie von SM „richtig“ oder „falsch“ war, ist schwer zu sagen und erst die Zukunft wird zeigen, wer nun richtig lag. Fakt aber ist, dass beispielsweise der Peugeot 208 schon sehr früh im Sog der Rabattaktionen geriet. Anders ausgedrückt, anstatt anfangs wenigstens halbwegs den Listenpreis zu bekommen, musste man schon früh zu „ruinösen“ Preisen die Fahrzeuge anbieten, um nicht total chancenlos gegenüber die „alte“ Truppe von Fahrzeugen zu sein, die ihre Autos ja doch deutlich günstiger anbieten konnten.
Peugeot hat also sehr stark bluten müssen. Dennoch birgt die Politik Marchionnes Gefahren, denn im Prinzip investiert er „nada“ in Image und das kann sich rächen.
Hersteller wie Toyota haben die Hybrid-Technik ohne Ende gefördert und sind nun ganz vorne. Die Elektroautos sind noch weit davon entfernt, wirklich Früchte zu tragen, aber es dient der Imagepflege und sollte irgendwann vielleicht diese Technik soweit sein, dass man wirklich groß in Serie sein kann, haben die Hersteller, die hier Entwicklungsarbeit geleistet haben, die Nase vorn, während FIAT dann die Technik entweder teuer bei anderen Herstellern einkaufen muss oder versuchen, in Rekordzeit diese zu entwickeln.
Ein weiteres Problem, was sicherlich Zeit und Energie gekostet hat, war die Fusion mit Chrysler, denn man darf nicht vergessen, prinzipiell war der Plan, der bis 2008-09 gültig war, über Nacht nichts mehr wert. Das gesamte Konzept musste verändert werden, ohne zu wissen, wie man das mit Chrysler machen sollte. Im Prinzip war man auf einem Boot mit „1.000“ Löchern, wo man nicht wusste, welches Loch man zuerst schließen musste. Ja Entwicklungen mussten komplett eingestanzt werden, wie ein paar Jahren zuvor, als man sich von GM loseisen konnte (ein Punto Sport mit dem OPC-Opel-Motor war längst „serienreif“ und es liefen die letzten Tests, als Marchionne einfach die Idee änderte und meinte, der müsse einen „FIAT-Motor“ bekommen und somit Abarth ins Leben gerufen hatte, was noch einmal die Auslieferung eines „sportlichen“ GP um 15 Monate verschoben hatte).
Dann kommt hier auch eines der „Eigenarten“ SMs zum Tragen, die aber vielen Topmanagern anhaftet, nämlich, was der Komiker Begnini mit den Worten kommentieren würde: Er will auf einer Hochzeit die Braut, den Bräutigam, den Priester samt Trauzeugen gleichzeitig und allein spielen.
Er hat über die Jahre mögliche „Alpha-Tiere“ entweder entmachtet, sind diese freiwillig gegangen oder haben resigniert. Einer der letzten Alpha-Tiere hat er mit einer „unsanften“ Art gleich zum Teufel gejagt. Damit hat er im Prinzip nur noch „Ja-Sager“ um sich und er allein gibt die Richtung vor, die auch noch „jeden“ Tag sich ändern könnte.
Damit bleibt wenig Platz für solche, die „eigenständig“ handeln können und somit auch zeitlich gewisse Dinge beschleunigen könnten.
Die Fusion aber hat wirklich viel Zeit in Anspruch genommen und erst jetzt, nachdem diese vollzogen ist, hat man die Zeit, eben auf der Basis beider ehemaligen Gruppen, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, die Hand und Fuß haben sollte.
Dazu hat SMs Flexibilität und fehlendes Nachhaltigkeitsdenken auch geführt, dass zu wenig „stetiges“ Entwickeln entstehen konnte. Da wurden halt kurzerhand Modelle wieder „aufgefrischt“, nachdem man das Segment nicht mehr besetzt hatte usw. usw. usw. Egal, ob Lybra, Alfa 159er oder heuer auch mit C-Segment-FIAT (Bravo), immer wieder gibt es „Unterbrechungen“. An sich wäre das kein Problem, wenn es einmal für ein Modell wäre, aber es zieht sich wie ein durchgehender Faden durch die Modellpalette.
Wenn du dann wieder von vorne anfangen musst, wird es verdammt schwer sein, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Jetzt hat man mit der Optimo/Viaggo/Dart oder eben FIAT 500 L/X die Möglichkeit, ein C-Segment-Fahrzeug auf die Beine zu stellen. Aber wenn du bis „gestern“ noch nicht mit der Entwicklung angefangen hast, bedeutet es, dass du ab „heute“ rund 15-18 Monate bräuchtest, um so ein Produkt entwickelt zu bekommen, was hieße, nicht vor 2016 und sollte der auch noch in der Türkei gebaut werden, wie geplant, wird die Markteinführung noch einmal etwas länger dauern. Dann wird so ein Fahrzeug zu irgendeiner „Messe“ als „Premiere“ vorgestellt, was wieder den Verkaufsbeginn verschieben könnte und bis dann tatsächlich die ersten Fahrzeuge, die bestellt wurden, zum Kunden finden, werden mindestens weitere 2-4 Monate vergehen.
Anders ausgedrückt, wenn „heute“ die Entwicklung des New Bravos beschlossen würde, würden die ersten bestellten New Bravos nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2016 geliefert werden, vielleicht sogar erst 2017.
Dass andere Hersteller scheinbar „schneller“ am Markt sind, hat nichts mit der Geschwindigkeit, mit der ein Produkt entwickelt wird, zu tun, denn FIAT war in den letzten Jahren eines der „schnellsten“ Unternehmen, die von der Entscheidung der Entwicklung in der Chefetage bis zur Serienreife ein Fahrzeug herausbringen konnten.
Es ist nur so, dass das, was du heute siehst, vor mindestens 2 Jahren, teilweise sogar 3 Jahren, mit grünem Licht der Chefetage bedacht wurden.
Anders ausgedrückt, während Marchionne „wichtigere“ Dinge zu tun hatte, einen Entwicklungsstopp ausgerufen hat (der nicht nur wirtschaftliche Gründe hatte, sondern auch einfach, weil mit der Fusion „neue“ Wege beschritten werden mussten, um Produktionskosten zu senken, also das, was man „Synergie“ nennt), haben andere Hersteller in der Schaltzentrale „fleißig“ neue Produktentwicklungen in Auftrag gegeben.