Ciao Martin,
ja, der Punto, wie auch der Uno zuvor, waren in Europa die Nr.1, aber du vergisst dabei eines, nämlich die Zulassungszahlen, die diese Produkte in Italien hatten. Damals war der Markt in Italien ein anderer, das Kaufverhalten der Menschen ein anderes und die Ansprüche der Leute auch (wenn ich heute selbst einen FIAT Panda "Basis" mit einem Uno der ersten Serie vergleiche, könnte der "Quantensprung" kaum größer sein, vor allem wenn man bedenkt, dass der Uno B-Segment war, der Panda aber im A-Segment und wenn man den Panda 1 nimmt, ist es noch extremer).
In der Zwischenzeit gibt es den Euro (vorbei ich das werteneutral sehe, also immer auf den Autosektor bezogen, weil ich hier keine Euro-Diskussion vom Stabel lösen möchte), ist Italien von einstigem "Billiglohnland" hin zu einem der "kostspieligsten" Ländern der EU geworden (einst kosteten Strom, Telefon etc. hier "nix", heute mehr als in Deutschland, ähnlich wie Lebensmittel).
Der Uno -an dem erinnere ich mich noch gut - kam im Monat auf ca. 40.000 Fahrzeuge, was im Jahr ca. 400.000-500.000 Fahrzeuge bedeutete, wohlgemerkt NUR IN Italien und man hätte wahrscheinlich noch mehr verkaufen können, nur war halt die Produktionskapazität mehr als ausgelastet.
Mittlerweile verkauft sich der Panda als "Marktführer" ca. 12.000x pro Monat (in den ersten neun Monaten über 110.000 Fahrzeuge) und der zweitplatzierte Ypsilon kommt auf ca. 5.500 Einheiten pro Monat (über 51.000 Fahrzeuge).
Daran kannst du den Unterschied erkennen. Der italienische Markt hat sich komplett verändert. Kaufte man in den 1980er und Anfang der 1990er Jahre vor allem "italienisch", kauft man heute vor allem "ausländisch" und ist FIAT zum "meistgehassten" Unternehmen aufgestiegen.
Heute kauft man Autos auf "Pump", ist das Auto weit wichtiger geworden als von vor 20-30 Jahren, als eine "eigene Behausung" weit wichtiger war und weder auf Pump gekauft noch geleast wurde.
Du vergisst auch beim Nennen der Franzosen an ein paar entscheidenden Dinge. Gerade der Peugeot 208 hätte die PSA-Gruppe in den Ruin getrieben, wäre da nicht die französische Staat im Widerspruch eigentlich zu EU-Richtlinien (aber wer wagt es, den Franzosen ans Bein zu "pinkeln"?

) den französischen Autounternehmen kräftig zur Hilfe geeilt wäre.
Die PSA-Gruppe war de facto "pleite" und wurde nur durch "Vater Staat" gerettet. FIAT dagegen hat in der schwierigsten Phase seit Bestehen nicht nur keinen Cent gesehen, sondern unsere "Gesetzesvertreter" fanden es noch schöner, auf Fahrzeuge - von mir aus gesehen - jenseits der Alpen zu aufzubauen.
In dem Kontext also müssen SM und Co aufbauen.
Wie gesagt, gerade das B-Segment trotz einer enormen Popularität auf dem heimischen Markt wäre den Franzosen zum Verhängnis geworden. Hätte SM, wie eigentlich früher "usus", auf einen "New Punto" gesetzt, wäre FCA - zumindest in der aktuellen Form - nicht mehr.
Das ist die Realität, unabhängig davon, ob FCA nun einen Punto-Nachfolger bräuchte oder nicht.
Es ist, wie ich so oft geschrieben habe, ein "europäisches" Problem, das FIAT hat. Man befindet sich in einer "Teufelsspirale", denn einerseits ist der italienische Markt der mit Abstand wichtigste Markt in Europa, andererseits aber garantiert dieser nicht mehr, dass ein Produkt allein mit Italien überstehen könnte.
Die Fehler wurden früher gemacht, paradoxerweise genau in der Zeit, als man sehr erfolgreich war und gerade die mitunter "erfolgreichsten" Lancias aller Zeiten waren die ersten Sargnagel.
FIAT könnte ein "Goldprodukt" bauen, es würde bestenfalls ein "mäßiger" Erfolg, wahrscheinlich aber finanziell ein Problemfall. Denn es geht weniger um die Produkte an sich (der Punto ist der beste B-Segment-Wagen FIATs aller Zeiten, weit zuverlässiger als die "Urahnen", aber dennoch bleibt es immer in den Hinterköpfen "F ehler I n A llen T eilen" und das wird auch gerne geschürt.
FIAT müsste also über Jahre eine Offensive starten, seine Händerstruktur um "Lichtjahre" verbessern, mehr Webung machen, erheblich mehr und last but not least sein Service deutlich verbessern, möglichst auch noch sehr kostspielig. Dafür braucht man Zeit und Geld und beides hat man in dieser Kombination nicht bzw. ist man nicht gewillt, zu investieren.
Wir sehen das immer von der Seite eines Kunden (tue ich ja auch, wenn ich mir ein Fahrzeug kaufe bzw. kaufen will), aber SM und Co müssen immer das Gesamtunternehmen im Blickwinkel haben. Wir sagen "ok, ein paar Jahre Verluste, wem kratzt es"... SM aber muss den Aktionären, allen voran dem Hauptaktion Rede und Antwort stehen und die werden ihm etwas anderes sagen.
Wenn dann nicht "Vater Staat" wie bei den Franzosen nachhilft oder wie im Fall VW, die Medien sehr liebevoll mit einem umgehen bzw. ein Verkehrsminister brav sich mit der "Dreckschleuder" anderer begibt, dann muss man sich alles zwei Mal überlegen.
SM, zumindest nach dem heutigen Stand der Dinge, ist wohl eher dahin orientiert, das "klassische" B-Segment in Europa zu verlassen. Der Versuch, einen "NEw Punto" gemeinsam, wie einst den Grande Punto mit Opel, zu entwickeln, scheint gescheitert zu sein und das Entwickeln eines "eigenen" Produkts scheint einfach zu kostspielig zu sein.
Dagegen scheinen die Aktien für einen "FIAT 500-5-Türer" wieder gestiegen zu sein, also anstatt eines "klassischen" B-Segment-Punto ein Nischenprodukt.
Eines aber ist SM - leider - geblieben, nämlich sich immer "zur falschen" Zeit zu äußern und/oder nicht selten mehr Fragen aufzuwerfen als richtig zu beantworten, was zur allgemeinen Verunsicherung führt.
Nun munkelt man auch, dass der 500L keinen Nachfolger bekommen dürfte und wohl auch kein Restyling durchgeführt wird. Der Markt der Vans sinkt stetig, der der Crossover aber steigt.
Zurück zur "Verunsicherung": Es ist heute nicht klar, ob mit dem "No" Marchionnes nur Europa gemeint ist oder man gezielt das B-Segment in der Ursprungsform verlassen möchte.
Wie du weißt, besitzt FCA auf den unterschiedlichen Märkte verschiedene Fahrzeuge des B-Segments, darunter solche wie Palio oder Punto.
Seit längerem gibt es Erkönige eines "New Puntos" (Codename: X6H) und nun stellen sich die Brasilianer die Frage, war mit der Erklärung Marchionnes nur der europäische Markt gemeint oder der weltweite (einschließlich Indien).
Aber wie ich schon vermutet habe, dürfte ein B-Segment-FIAT nicht auf der FGA-Small-Plattform entstehen, sondern wenn, dann auf der "Mini" bzw. FIAT 326/327-Plattform, auf der nicht nur der Panda aufbaut, sondern Fahrzeuge wie der FIAT Palio oder Fiorino (FIAT Uno, FIAT GRANDE Siena etc.)
Bei SM weiß man halt nie. Einst verkündete er, es gebe keinen "klassischen C-Segment-FIAT", heute haben wir gleich eine ganze Familie nebst Limo (bis vor wenigen Jahren ein No Go und undenkbar, eine Limo in dem Segment) und Kombi.
Also wird man erst einmal sehen, ob nun ein B-Segment-FIAT in Lateinamerika entstehen wird oder nicht und wenn ja, würde es mich nicht wundern, ihn eventuell über Unwege auch in Europa zu sehen. Im Moment aber - und da hat SM recht - ergibt es preislich relativ wenig Sinn.
Das B-Segment hat im Moment in Italien einen derart niedrigen Einsteigspreis, dass es problematisch sein dürfte und der Tipo besitzt immer noch einen sehr niedrigen Einsteigspreis, dass er - zumindest in Italien - das B-Segment mit abdecken kann.
Du darfst nicht vergessen, bis vor einigen Jahren war das "klassische" Familienauto eines Italieners ein FIAT Uno oder FIAT Punto, als 5-Türer. Der Grande Punto samt seiner Nachfolger kam eh von der Größe her ans C-Segment heran und der Schritt vom GP zum Tipo ist jetzt auch nicht so gewaltig, zumal vom Gewicht her beide sich nicht sonderlich viel nehmen.
Das heißt, was immer passieren wird, ein B-Segment-FIAT müsste preislich darunter liegen und zumindest kein finanzielles Grab darstellen (vergiss die Franzosen, die "Papa Staat" haben, vergiss die deutschen Hersteller, die Preise durchgesetzt bekommen, wovon FIAT nur träumen kann und auch die Koreaner, die dank "politischer" Gründe nach Europa zu sehr "zuvorkommenden" Konditionen exportieren können).