Nun hier gibt es nichts zu beschimpfen
Ich habe es „immer gesagt“, aber nicht weil ich jetzt Marchionne unterstelle, ein wandelnder „Vollpfosten“ zu sein, sondern weil ich der Meinung bin, dass gewisse Dinge, die eh schon die Spatzen von Dächern vor der Chrysler-Lancia-Geschichte gepfiffen haben, einer mit dem Wissen, die SM und wenn nicht er, dann seine Mitarbeiter, längst hätten sehen müssen. Daher klingen für mich bis heute seine Äußerungen „Lancia ist außerhalb Italien nicht vermittelbar“ wie die einer Person, die behauptet 2012 den amerikanischen Kontinenten entdeckt zu haben.
Meine Verwunderung betrifft auch weniger, dass man per se heuer versucht, Premium über Alfa und Maserati zu vermarkten, weil diese Brands im Gegensatz zu Lancia „internationalen“ Klang haben bzw. wahrscheinlich international leicht vermarkten lassen. Sie betrifft auch nicht, weil man versucht hat, mit Chrysler-Modellen ein komplettes Programm anzubieten, denn auch das ist per se weder gut noch schlecht.
Aber diesen Schlingerkurs, ja den nehme ich mit Verwunderung auf, denn was Marchionne „heute“ sagt, hätte und wird er schon bei der Präsentation von „New Lancia“ gewusst haben und dass man so eine Marke nicht aus dem Stand zu neuen Ufern bringt, auch. Also entweder man hat Geduld und investiert darin, oder aber man versucht so etwas wie „New Lancia“ mit der Zuhilfenahme von Chrysler-Modellen erst gar nicht, denn es war klar, dass die kein Hit werden konnten und nur dann Sinn machen, wenn man einen langen Atmen hat und diese als „Übergangsphase“ sieht. Dazu hat sich die ökonomische Situation der FIAT-Group er se in den letzten Jahren nicht unbedingt großartig verschlechtert.
Anders ausgedrückt, wenn man geglaubt hat, kurzfristig mit den drei Chrysler-Modellen, die sowieso eher Nischenprodukte sind und in Sektoren antreten, in denen eh mit relativ niedrigen Stückzahlen operiert werden, Erfolge zu feiern, dann war man „saudämlich“, woran ich aber nicht glauben kann.
Auf jeden Fall hätte man, wenn man die aktuelle Strategieauslegung der FIAT Group anschaut, sich auch das mit „New Lancia“ sparen können. Man hat unsinnigerweise Gelder verschleudert.
Als Lancista trifft mich das mit Alfa sowieso bis ins Mark, denn Alfa war für mich schon immer, lange bevor man zur FIAT-Gruppe kam, ein Reizthema und dann in den folgenden Jahren musste Lancia wegen Alfa zurückstecken und heuer dann erleben zu müssen, die investieren voll in Alfa, nix in Lancia, das tut weh.
Als Fiataro wiederum sehe ich das differenzierter, denn wenn man in Europa derart hohe Verluste einfährt und die Märkte nichts Gutes hier verheißen lassen, nicht in den nächsten Jahren und an Opel und der PSA-Gruppe erkennen kann, dass, wenn man besonders auf Europa ausgerichtet ist, dies der Tod bedeuten kann. So gesehen ist es logisch, dass man versucht, in Brands zu investieren, mit denen man sich international besser positionieren kann.
Zum Thema „Rumors“. Sicherlich sind das „Gerüchte“ und daher immer, wie so vieles, was ich in den letzten Tagen und Wochen auch über Lancia und FIAT gelesen habe, mit Vorsicht zu genießen.
Aber hier decken sich die Rumors mit dem Plan, den FIAT vor einigen Wochen vorgestellt hat, oder? Da war zwar nicht die Rede von „Trennung“ zwischen Chrysler und Lancia, aber wenn man sagt, es werden nur Modelle umgelabelt, von denen man überzeugt ist, dass sie Aussicht auf Erfolg haben, gleichzeitig sagt, Lancia sei eigentlich nur in Italien und nur mit dem Ypsilon an den Mann zu bringen, heißt das für mich, dass keine Fahrzeuge mehr von Chrysler kommen und angesichts der Tatsache, dass man schon heuer erkennen kann, dass zumindest wenn es nach den Preislisten geht, einiges zurückgehalten bzw. entgegen der ursprünglichen Planung nicht eingeführt werden, ergibt sich für mich ein Bild und somit eine „Übereinstimmung“ der Gerüchte mit dem Plan der Gruppe. Ob am Ende es „offiziell“ zu einer Trennung kommen wird, wie in den Rumors kolportiert wird, oder eben keine weiteren Chrysler-Modelle umgelabelt werden, ist eigentlich egal, weil de facto Chrysler und Lancia nichts mehr zu tun haben werden, denn Lancia verkauft nicht als Brand außerhalb Europas und Chrysler mit zwei Ausnahmen nicht in Europa, ergo keine Lancia-Modelle in den USA als Chrysler und keine Chrysler-Modelle als Lancia.
Nun sicher hast du recht, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt, ob nun Lancia weiterhin existiert oder nicht, aber dann frage ich dich, was machen wir hier noch? Denn dann erübrigen sich im Endeffekt alle Diskussionen, die nicht direkt mit modellspezifischen Problemen zu tun haben.