ups, da stolpere ich grad im Netz über den neuen DS 4 (ab November) und frage mich verwundert, macht Citroen jetzt einen auf Lancia? Das Teil sieht ja verdammt nach Delta aus, oder? Insgesamt allerdings nicht wirklich schlecht finde ich. So wie es scheint, versucht Citroen das Lancia-Vakuum zu füllen, stylish aufgebrezelte Luxusvarianten eines schlichten Serienmodells (neuer C4) für designaffine Kunden die etwas abseits des Mainstreams orientiert sind.
ich finde ja sowohl den C6 als auch den C5 als Kombi schon recht attraktiv, wiewohl die Franzmänner bzgl. Innenraum noch viel lernen müssen um Lancia (bzw. das was von Lancia überhaupt noch übrig ist) das Wasser reichen zu können.
Eigentlich erinnert nur die Chrom-Fensterleiste inkl. der Fensterlinie an den Delta.
Wie soll man heute auch noch ein Auto designen das nicht in irgendeinem Detail an eine bereits bekanntes Modell erinnert. Seit gut zwei Jahrzehnten tut sich nichts gravierendes mehr beim Autodesign und scheinbar wollen die Kunden auch noch diesen Stillstand, sonst würden sie nicht massenhaft Golfs und Co. kaufen, deren Aussehen sich von Generation zu Generation nur in Nuacen verändert. Ein Delta ist den Leute scheinbar schon zu extrem.
man muss unterscheiden zwischen Design als Kunstform und Industriedesign. Will ich es mit einem Kunstgegenstand in Ausstellungen und Museen schaffen, ist absolute künstlerische Freiheit erlaubt. Industriedesign aber muss ein Produkt optisch so verpacken, dass alle technischen Vorgaben erfüllt werden (Lastenheft) und die vorher definierte Zielgruppe anspricht. Das hatten wir schon bei Autos der Oberklasse diskutiert. Die Zielgruppe ist konservativ und das Design der Autos muss ebenso konservativ sein. Versuche à la Renault Avantime, VelSatis & Co. finden nur wenige Käufer, also haben die Designer "das Thema verfehlt". Der Thesis hatte zwar noch eine klassische Linienführung, floppte aber dennoch, weil die Frontgestaltung zu polarisierend geraten war, technische Probleme von der Presse dankbar aufgegriffen wurden und das Marketing versagt hat. Für Grundsatzdiskussionen in Sachen Design und Erfolg/Misserfolg beim Käufer ist Lancia untauglich, da hier zu viele andere Einflüsse eine Rolle spielen.
Der Mensch ist aber ein Gewohnheitstier, d.h. er mag keine drastischen Veränderungen. Deshalb sollte das Design von Modell zu Modell nur behutsam modifiziert werden, um vor allem den Wiedererkennungswert nicht zu zerstören. Wenn der Golf das meistverkaufte Auto ist, liegt das nicht daran, dass er so überragend wäre, sondern dass die Masse der Käufer das Auto als reinen Gebrauchsgegenstand sieht und gerade diese nur unmerklichen Veränderungen schätzt. Der neue Golf sieht fast aus wie der Vorgänger. Ähnlich ist es bei BMW. Und letzten Endes ist der Verkaufserfolg entscheidend, nicht das Lob weniger Designfreaks.
In anderen Kategorien wie Supersportwagen können sich die Designer austoben. Hier wird das außergewöhnliche Design vom Kunden gewünscht. Aber das sind keine Massenprodukte.
Auch bei Kleinwagen, die vor allem ganz junge Leute ansprechen sollen, muss man nicht so konservativ stylen. Allerdings wird man sich hier kein Bein ausreißen, weil solche Autos auch möglichst billig sein müssen. Dass geniales Design, praktische Dinge und kostengünstige Produktion sich nicht ausschließen müssen, hatte Giugiaro vor vielen Jahren mit dem Panda bewiesen. Und in der etwas teureren Kategorie mit dem Y10.
Zum letzten Satz «… Und in der etwas teureren Kategorie mit dem Y10.»: Giugiaro zeichnete wohl den Panda und er lieferte (wie übrigens auch Pininfarina) Vorschläge für das Lancia-Projekt Y10 ab, doch beide Externe standen in den Konkurrenz zu den Kollegen des Centro Stile Fiat*.
Fiat Auto (bzw. die Division Lancia-Autobianchi) unter dem damaligen Chef Vittorio Ghidella entschied sich für den hauseigenen Entwurf, welcher schliesslich teilweise auf Basis des Panda (und damit im Grunde auf derjenigen des A112) entstand. Offenbar vermochten die Entwürfe der Externen nicht zu überzeugten, ihnen fehlte das Innovative, was den hauseigenen Entwurf so originell machte.
* (damals gab es das Centro Stile Lancia als autonome Einheit noch nicht; es wurde erst 1992 unter der Leitung von Enrico Fumia mit Sitz in Orbassano bei Turin gegründet, wo es bis zum Umzug in die «Officine 83» im Turiner Werk Mirafiori 2007 verblieb; heute untersteht es - als Abteilung des Centro Stile Fiat Group Automobiles - der Leitung von Marco Tencone)
wie schon unten Delta LX angemerkt hat, ist das Design vom Y10 eben nicht von Giugiaro. Aber dennoch gibt es dazu eine nette Geschichte. Erinnerst du dich an den ersten Seat Ibiza? Denn das Design war von Giugiaro, aber nicht irgendeines, sondern der basiert auf den Vorschlag von Giugiaro für den Y10. Da man ihn abgelehnt hatte, ging er damit zu Seat und die waren begeistert und bauten danach den Ibiza.
Eine ähnliche Geschichte gibt es auch mit Daewoo (heute Chevrolet). FIAT gab den Auftrag an Giugiaro, den "neuen" FIAT Cinquecento zu zeichnen (der Nachfolger vom FIAT 126er), doch sein Vorschlag wurde nicht angenommen und somit verkaufte er es an die Koreaner, die darauf den Matiz herstellten. Diesmal scheint es aber in der FIAT-Zentrale zu Bauchschmerzen gekommen zu sein, denn der Matiz verkaufte sich besonders gut auch in Italien und nicht wenige kritisierten, dass FIAT nicht den Giugiaro-Vorschlag genommen hatte, denn viele empfanden den Matiz einfach gelungener als den Cinquecento. Und genau dieser Matiz sorgte dann für Irritiationen und auch einer der vielen "Scheidungsgründe" zwischen GM und FIAT.
Als GM in den Matiz den kleinen MultiJet-Diesel verbauen wollte, legte FIAT sein Veto ein. Begründung: Bei Vertragsunterzeichnung gehörte Daewoo nicht zu GM und die Marke sei ein direkter Konkurrent FIATs auf einigen Märkten, ergo keine Motoren an Daewoo und Matiz.
@ Delta LX: Danke für die Korrektur. Da habe ich wohl irgendwo mal etwas Falsches gelesen.
@ Bernardo: Der allererste SEAT Ibiza war ein richtig nettes Auto und hatte zu seiner Zeit in der Klasse das stimmigste Design.
Giugiaro hatte auch ein Isuzu Bellet Coupé entworfen, das damals ohne große Änderung in Serie ging. Mir ist nicht bekannt, ob dieser Entwurf zunächst als Scirocco 2 geplant war. Allerdings sagten später einige: SOOO hätte der Scirocco aussehen müssen. Ich weiß noch, dass einige Leute sich schnell noch die allerletzten Scirocco 1 als GTI kauften, nachdem sie Bilder des Nachfolgers gesehen hatten.
Es ist sehr schade, dass Fiat nicht in der Lage war, Giugiaro an den Konzern zu binden. Jetzt ist er ausgerechnet bei VW.
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