Diplomatische Krise auf EU-Ebene

lanciadelta64
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Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Nun haben wir genau das, was ich befürchtet habe, nämlich eine diplomatische Krise, die sich nun auf höchster Ebene abspielt. Verheugen hat sich in einem Radio-Interview ziemlich weit aus dem Fenster gewagt und indirekt FIAT unterstellt, "man sei so hoch verschuldet, wie könne man solche Fusionen wie mit Chrysler oder Opel" stemmen?

Hat man bisher in Italien überhaupt nicht auf die Reaktionen aus weiten Teilen in Deutschland bezüglich einer eventuellen Übernahme Opels durch FIAT, ist nun die Bombe geplatzt. Die italienische Regierung mit den zuständigen Ministern inklusive Außenministerium!!!!, die Unternehmerverbandspräsidentin und Marchionne haben Verheugen scharf kritisiert, er habe seine Kompetenzen weit überschritten, indem er es versäumt hat, super partes zu sein. Das ging nun durch die italienische Presse und ist Öl im Feuer für etwas, was in meinen Augen völlig idiotisch ist.

Das gibt nun böses Blut und am Ende vielleicht für nichts, für eine Fusion, die vielleicht nie wirklich im Raum gestanden hat, aber der diplomatische Flurschaden ist immens und völlig unsinnig :S Denn nun ist auch das italienische Selbstwertgefühl gekränkt und das nur, weil ein deutsches Unternehmen von Managern geführt wurde, die genauso fähig waren wie einst Romit und Co in meinem Land. "Wunderbar"...:X

Ich habe es schon nach den ersten Gerüchten um Opel und FIAT bzw. nach dem Artikel in der FAZ gesagt, es sei absolut undenkbar, dass sich ein deutsches Unternehmen von einem italienischen so einfach schlucken lässt und dass es für mich allein deswegen nicht realisierbar sei. Ich habe damit gerechnet, dass die deutsche Gewerkschaft auf die Barrikanden geangen wäre, denn das ist nicht das erste Mal.

Mamma mia, ich bin froh, wenn das Ganze so schnell wie möglich von der Tagesordnung verschwindet, denn hier wird viel diplomatisches Porzellan zerschlagen. Wenn wir nicht aufpassen, wird es keine Opel-FIAT-Frage, sondern ein Deutschland gegen Italien und das kann sich keiner wünschen.

Hoffentlich findet Opel schnellstmöglich einen Investor, egal ob ein Scheich, die Chinesen oder wer auch immer, aber dann herrscht wenigstens wieder Ruhe...
Anthimos
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Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Gibt es überhaupt noch jemand, der den Demagogen und Lobbyisten Verheugen ernst nimmt? Ohne Listenplatz wäre er nichts, den würde doch kein normal Denkender wählen.
mogli
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Joined: 22 Dec 2008, 22:24

Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Hallo Bernardo ,
laß doch nicht gleich den Kopf hängen... Du kennst ja die leicht aufbrausende Mentalität der Italiener - das
beruhigt sich doch wieder...siehe meinen Text....
http://www.viva-lancia.com/lancia_fora/ ... msg-626333
Übrigens klingt ja Verheugen wirklich toll deutsch - wahrscheinlich so ein übriggebliebener Holländer, der meint, alles
was südlicher liegt, gehört zur Sklavenklasse.
Na, daß da sogar von der italienischen Politik ein Rüffel kommt, dache ich mir auch nicht...aber das bestätigt
einmal mehr, daß man in Italien - wenn es um die Ehre geht - wirklich zusammenhält ...grins... hast Du den Eindruck,dass
das in Deutschland auch so ist ? Das ist nur Geplänkel - und wird sicher bald wieder abgestellt.
Könnte es jetzt sein, daß die Brennermaut auf 200% klettert für die Deutschen ?
Oder,daß die Italiener nun weniger Opel kaufen werden...wenn der Streit eskaliert und die Italiener die Marke
Opel in Ihrem Land boykottieren, dann möchte ich nicht in Verheugens Haut stecken...Das wäre für die Presse
ein echt geiles Futter ! Zumal dann bei Opel sicher auch Arbeitsplätze wegbrechen...Der klassische Schuß ins
eigene Knie !
Na hoffentlich bekommt KEIN ASIATE beim Opel den Zuschlag, könnte die gesamte westliche Autoindustrie mittelfristig schädigen...

Grüße
Günter
lanciadelta64
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Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Ciao Günter,

natürlich wird sich das irgendwann beruhigen, aber wir haben EU-Wahlen und mein Freund "Silvio" wird es für sich ausschlachten und sich wieder einmal als "Retter" darstellen, obwohl er derjenige ist, der eigentlich als "Täter" vieles verursacht und auch dank seines Images im Ausland meinem Land extrem schadet.

Italiener haben i.d.R. kein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Vergiss die Italiener im Ausland, denn die sind kein Spiegelbild diesbezüglich. Dazu hat FIAT in Italien sehr viele Feinde, ja ist das Feindbild schlechthin. Die würden eher FIATs Tod feiern, als den von Opel. Aber was nun Verheugen gemacht hat, war "rufschädigend", also für hier ein schwerer Faux pas, unverzeihlich.

Zum einen gehört es nicht zu seinen Aufgaben, das alles zu kommentieren, denn die Angelegenheit gehört nicht zu seiner Kommission. Zum anderen hat er etwas gemacht, was sich gefährlich auswirken kann. Wenn ein hoher EU-Beamter über die Finanzlage eines Unternehmens sich negativ äußert, kann das für dieses Unternehmen negative Konsequenzen haben und das geht weit über dem hinaus, was mit dieser Fusion zu tun hat. Dazu hat FIAT kein offizielles Angebot gemacht, also hat Verheugen FIAT ohne Grund attackiert.

Das dritte Problem ist, dass Verheugen eventuell selbst gegen das Gesetz des freien Handels verstoßen hat, indem eventuell er die Politik eines anderen Unternehmens betrieben hat, damit halt dieses Unternehmen und nicht FIAT den Zuschlag bekäme. Das wäre ein weiteres Vergehen. Es wäre mindestens Amtsmissbrauch, wenn nicht sogar Korruption.

Als EU-Kommissar ist er zur Neutralität verpflichtet. Er ist nicht Teil der BRD, nicht Teil der Regierung dort und auch kein Gewerkschaftsfunktionär. Diese Neutralität hat er verletzt, wohl wissend, dass er nicht länger EU-Kommissar bleiben wird.

Dass am Ende dies auch in Italien für hohe Wellen sorgen würde, war klar. Wie gesagt, "Italiener" haben kein ausgeprägtes Nationalbewusstsein. Aber irgendwann ist auch hier die Schmerzgrenze erreicht, zumal in der aktuellen Lage man mit solchen Äußerungen ein Unternehmen schweren Schaden zufügen kann.

Dass Verheugen SPD-Mitglied ist und somit den Gewerkschaften zur Hilfe eilt und gleichzeitig sich im deutschen Wahlkampf beteiligen will (Gewerkschaften und SPD auf der einen Seite, CDU auf der anderen Seite), ist verständlich, aber er hat es nicht als Privatmann gemacht, nicht als SPD-Mitglied, sondern als EU-Kommissar und seine Aussagen haben nicht allein Auswirkungen in Deutschland, sondern auch in einem anderen EU-Land.

Dass nun auch irgendwo die italienische "Ehre" angekratzt ist, versteht sich von selbst. Es geht ja hier nicht darum, dass man FIAT aus rationalen Gründen nicht haben will, nicht darum, dass man eine Fusion zwischen FIAT und Opel für unsinnig hält, denn das wäre legitim, aber hier wird ein Unternehmen, das 17 Quartale!!!! hintereinander Gewinne erzielt, das finanziell gut dasteht, nur schlecht geredet, weil man befürchtet, FIAT könne Opel übernehmen, wobei die Betonung auf "könne" liegt, also im Konjunktiv. Daher die Aufregung und daher der "Schulterschluss" zwischen "Italien" und FIAT.

Da aber so etwas dann immer auch dazu führt, dass wir uns wie in einem Fußballstadion fühlen werden, ist so etwas nicht wirklich schön, nicht für Italiener in Deutschland, nicht für Deutsche in Italien.

Ich glaube auch wie du, dass sich das zumindest in Italien beruhigen wird, aber es darf nichts mehr passieren. Jetzt haben die italienischen Medien Blut geleckt und werden genau darauf achten, was in Deutschland geschrieben und gesagt wird, was eben vor Verheugens Interview nicht der Fall war. Keiner hat hier wirklich sich ernsthaft an den Äußerungen der Gewerkschaften und aus den Kreisen mancher Zeitungen (nicht alle, wir erinnern uns an die FAZ oder der Stern) gestört gehabt. Das gehörte hier zum normalen taktischen Geplänkel dazu.

Es wird keine "Tax-Germanica" geben ;) und spätestens im Sommer ist die Sache vom Tisch, aber wir haben schon allein hier im Forum erlebt, wie schnell so etwas die Gemüter erhitzen kann und das, obwohl wir hier im Großen und Ganzen Fans mindestens einer italienischen Automarke sind und keiner hier die Allianz kritisiert hat, weil FIAT angeblich pleite sei, sondern weil man wie ich das Ganze mit Skepsis sieht und nicht einmal aus dem Blickwinkel von Opel gesehen, sondern von dem Autohersteller, den wir oft scharf kritisieren, dessen Manager wir persönlich ein paar "nette" Worte erzählen würden, aber wir doch im Endeffekt lieben.

Dann kannst du dir ja vorstellen, was passiert, wenn so etwas außerhalb der Kreise diskutiert wird, die nicht wie wir durch eine gemeinsame Leidenschaft vereint sind.

Das Problem ist, dass die Presse, egal wo, lieber mit Negativmeldungen aufwartet und somit immer das Bild erzeugt, im Ausland sei dies und das nur schlecht, also Standard. Es passt dann so schön ins Klischee, italienische Mafia gegen deutsche Panzer. Dabei sind Deutschland und Italien viel mehr als das. Viele Italiener leben in Deutschland und mittlerweile auch nicht wenige Deutsche in Italien. Italien wie Deutschland haben einen enormen gemeinsamen Warenaustausch. Viele Deutsche lieben unser Land eben wegen unserer Art, zu leben und umgekehrt bewundern wir Deutschland für ihre Präzision und dieses Organisationstalent, das vielleicht nur noch von den Schweizern übertroffen wird, wobei die Schweiz erheblich kleiner ist als Deutschland.

Wenn dann so etwas durch die Presse hoch gekocht wird, kommen solche Leute hervor, die wir alle nicht wollen, egal ob diesseits oder jenseits der Alpen.


Zu Opel und Ford sollte man allerdings auch wissen, dass viele die nicht mit Deutschland in Verbindnug bringen, sondern mit den USA. Als "Deutsch" gelten eigentlich nur die VW-Gruppe, Porsche, Mercedes und BMW.

Ob das Bild nun bezüglich Opel in Italien ändern wird, werden wir sehen, denn Opel ohne GM ist natürlich nicht mehr "USA", sondern Deutschland (wenn wir Vauxhall einmal beiseite lassen). Ob Opel nun weniger Autos hier in Italien verkauft?

Da kommen wir zum fehlenden italienischen Nationalgefühl. Kaum ein Italiener würde ein italienisches Fahrzeug kaufen, weil es "italienisch" ist. Das unterscheidet uns von Franzosen und Deutschen, sogar von den Tschechen oder Japanern (;) ) Aber natürlich hat dieses Getöse auch Auswirkung auf Opel, denn das ist nun auch für Opel Negativwerbung, weil wahrscheinlich viele Italiener vorher gar nicht mitbekommen haben, wie schlecht es um Opel steht. Durch diesen Wind, den man in Deutschland gemacht hat und Verheugens Aussagen, weiß nun jeder hier, Opel ist de facto pleite und wer kauft schon gerne ein Auto eines Unternehmens, das pleite geht, zumal einer bei einem Pleiteunternehmen die Garantie verliert und seine Ansprüche nur gegenüber dem Autohaus geltend machen kann.

Ich habe mir vor einigen Jahren, als ich mir den Punto gekauft habe, auch darüber einige Gedanken gemacht und würde mich als einer, der einen Opel kaufen wollte, auch darüber so meine Gedanken machen. Also schaden wird es am Ende auch Opel und wahrscheinlich nicht nur in Italien.

Wer davon profitieren könnte? VW.

Zu deinem anderen Thread werde ich ein anderes Mal etwas schreiben ;)

Schöne Grüße und saluti

Bernardo
fiorello
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Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Ciao Bernardo,

der Typ quasselt nicht nur unsinniges Zeug, der ist auch noch hässlich wie die Nacht, che brutta faccia :D

Saluti
Fio
Saluti
Fiore
Lancista per sempre

Lebensstil
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Delta 1,3, Prisma 1,6iE, Thema 2.Serie 16V, Dedra 1,6 i.E, Dedra 2,0 i.E, Kappa 2,4 LX Berlina, Kappa Coupe 2,4 2.Serie, Thesis 3,0 V6 Emblema, Ypsilon 1,2 LS, Ypsilon 1,4 LX, Musa 1,4 Oro, Lybra 1,8 LX SW. l Kappa Coupe 2,0 20V T, Ypsilon Cosmopolitan, New Ypsilon 1,2 Oro, Delta 3 1,4 T-Jet Oro..........

meine anderen Italiener...Alfasud 1,3, Maserati Biturbo, Fiat 131 Mirafiori Sport Walter Röhrl Edition 2000TC, Alfa Sei 2,5 V6 1.Serie, Fiat Bravo
rainer
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Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Aber er (Verheugen) hat einen großen Schlag bei seiner Sekretärin. Der stammt aus unserer Kreisstadt Bad Kreuznach. Als ich nach Mainz zur Abiklasse fuhr haben wir den öfter gesehen, obschon älter als wir, hätten wir ihn gerne geschlagen. So unsympahtisch war der und das ist er geblieben.
Die FDP ist ihn dann los geworden und er ist zur SPD. Mehr kann man dazu nicht sagen. Fähnchen nach dem Wind hängen...
EU Kommi geht nun zu Ende, er muss sich für etwas Neues empfehlen, da bietet sich die linke Gewerkschaftsebene an.
Na ja, schade ist nur, dass solche Aparatchiks immer einen großen öffentlichen Rahmen erhalten.
Ansonsten Leute nicht aufregen, was bleibt ist, dass OPEL ein total desolates Unternehmen bleibt. Der Traum des Gewerkschaftsheinis aus dem Betriebsrat ist, dass Opel ein eigenständiges Unternehmen in Europa werden soll. Einerseits verständlich nach der jahrzehntelange Gängelei von GM. Aber Opel ist zu klein. FIAT hat als Konzern über 140.000 Mitarbeiter, Opel ist dagegen ein Floh.
Ich hatte immer Sympatien für Opel (hatte mal einen Senator A), aber mit diesem Gewerkschaftsboss an der Opel-Betriebsratsspitze ist das Unternehmen für mich perdu. Die Gewerkschaft und der Klüngel bei Opel sind neben GM mit daran Schuld, dass die Situation so ist wie sie nun ist. Auch die Spekulation von dem Betriebsratsvorsitzenden ein Zulieferer würde Opel retten ist ja unsinnig. Wie soll den ein Zulieferer Teile an eine breite Front von Automobilherstellern verkaufen, wenn er selbst in Form von Opel-Hauptgeselschafter Wettbewerber für Merdedes, Audi etc. ist.
Hirngespinste, daran erkennt man wes Geistes Kind die Herrn Gewerkschaftler sind, wenn man überhaupt von Geist sprechen kann.
Meine Oma sagte immer: Ein Ende im Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende. Kurzum: Investoren aller Länder lasst Opel vor die Hunde gehen, es gibt zu viele kleine Automobilhersteller, die nichts zur Innovation der Zukunft beitragen können, kraft Masse. Wartet ab, kauft dann aus der Konkursmasse das Werk Eisenach, das ist ein Sahnetörtchen und gut ist es.
Die BRD hat den Niedergang des Bergbaues verkraftet, die massenweise Abwicklung in der ehm. DDR, wir werden auch so einen Furz wie Opel überstehen.
Schade vielleicht für die Worker, aber die haben ja ihre Vertretung gewählt. Man bekommt immer das, was man sich selbst antut. Basta, finito...
Viva Lancia
Rainer Thesis- u. Ypsilonfan
lanciadelta64
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Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Ciao Rainer,

weißt du, ich habe früher in D. einige Bekannte gehabt, die Opel fuhren und wir wären beinahe auch bei Opel anstatt bei FIAT gelandet (lang ist es her, 1969) und im Endeffekt hat mich weniger die Äußerungen eines Betriebsrats oder einiger Mitarbeiter bei Opel geärgert, als die Äußerungen eines EU-Beamten. Ja ich hätte sogar mit viel mehr Spott aus der CDU-Parteizentrale erwartet, also eine breite Front deutscher Industrie gegen FIAT und Co. Alles das hätte ich erwartet, nicht aber solche Äußerungen eines EU-Kommissars, denn er hat meilenweit seine Kompetenzen überschrittet und einem italienischen Unternehmen geschadet und das in einer Art und Weise, die völlig unsinnig ist. Dass ein Betriebsrat vieles nicht besser weiß, kann ich verstehen, dass Opel-Mitarbeiter Bild lesen, geht mir auch noch in den Kopf, aber Verheugen hat eine Pflicht.

Eben als "Deutscher" hätte er dazu schweigen müssen, denn dass so etwas böse aufkommt, angesichts eines deutschen Unternehmens war klar. Er ist EU-Kommissar, auch wenn nicht mehr lange. Er muss nicht als Vertreter der deutschen Wirtschaft auftreten oder irgendeiner deutschen Institution. Es wäre bestenfalls Aufgabe des EU-Kartellamtes gewesen, sich vielleicht aus welchen Gründen auch immer, dagegen zu äußern oder Auflagen zu verlangen. Aber das Kuriose daran ist ja, dass FIAT überhaupt kein Angebot gemacht hat, also jemand "erschossen" wurde, bevor der überhaupt etwas sagen konnte.

Verheugen hat ferner zur doch sehr merkwürdigen Porsche-Politik kein Ton gesagt, denn diese Politik hat zu vielen Verwerfungen an der deutschen Börse geführt und somit für eine Verzerrung gesorgt. Dazu hat sich Porsche enorm verschulden müssen, um überhaupt so etwas stemmen zu können (ob Verheugen an die Schulen von Porsche gedacht hat?) Das ist es, was die Sache noch absurder macht. Wo er hätte schweigen sollen, hat er sich im Ton völlig vergriffen. Es ist NICHT seine Aufgabe, von FIAT Referenzen zu verlangen. Das müssen in erster Linie die Opel-Besitzer tun und nicht einmal die Bundesregierung oder auch die italienische Regierung haben sich dort einzumischen. Das nennt man Marktwirtschaft, oder habe ich in meiner Uni-Zeit etwas nicht mitbekommen?

Ich gönne Opel nicht den Bankrott, nicht den Untergang, weil viele Familien davon leben, der eine oder andere Schulden hat und nicht weiß, was er am Ende machen soll. HartzIV lässt grüßen, aber auch FIAT beschäftigt Leute, Menschen mit Familie, mit Kindern und auch ihnen gönne ich keine Schieflage, nur weil irgendein selbstsüchtiger EU-Kommissar seine Schäfchen ins Trockene bringen will.

Verheugen war mir nie sympathisch, nicht zu FDP-Zeiten und noch weniger zu SPD-Zeiten. Dass man unfähige Politiker zur EU "weglobt", ist nicht neu, das hat in Deutschland Tradition (nicht böse sein, denn für Frankreich und Co kann ich nicht reden, aber wahrscheinlich wird das fast überall so sein. Für Deutschland habe ich das wesentlich besser beobachten können). Ich erinnere nur an Bangemann, noch so ein Blindgänger, den man loswerden wollte und zur EU schickte.

Wie du sagstest, dass Zulieferer oder gar Händler Opel übernehmen könnten, ist absolut realitätsfremd. Die eigenen Händler sind in großen Schwierigkeiten und nicht erst seit der aktuellen Krise. Viele von denen müssen selbst in die Insolvenz gehen und einige sehen nur Licht dank des Insignia (ein sehr gelungenes Auto) und kämpfen ebenso ums nackte Überleben.

Der Gewerkschafstraum, dass der Staat vielleicht Großaktionär bei Opel werden könnte, ist so realistisch wie Berluscas Versprechen, in kurzer Zeit alle in L´Aquila ein Dach über den Kopf zu geben.

Was bleibt übrig? Wenn nicht FIAT (ich hoffe es, dass nicht!!!!!), wer kann Opel stemmen? BMW und Mercedes? Die beiden wollen wohl kaum mit Opel in Verbindung gebracht werden. Blieben in Europa Renault, die PSA-Gruppe und VW übrig.

VW hat eher ein Interesse, dass Opel pleite geht, um auf dem Heimatmarkt diesen Konkurrenten loszuwerden. Die PSA-Gruppe hat selbst Schwierigkeiten und wäre allein dazu nicht in der Lage, höchstens mit einem weiteren Investor und auch hier stellt sich die gleiche Problematik wie bei FIAT. Ähnlich sieht es mit Renault aus.

Damit wären alle europäische Hersteller schon genannt. Blieben nur noch die Japaner, wobei auch hier bestenfalls Toyota die Größe hätte, sich Opel einzuverleiben, aber warum sollten sie es tun?

Ford kämpft selbst ums nakte Überleben, Chrysler geht entweder zu FIAT oder verschwindet entgültig. Dann hätten wir noch indische oder chinesische Anbieter. Tata hätte die finanziellen Möglichkeiten (wäre die Ironie, weil man mit FIAT eine enge Kooperation hat)

Die Chinesen sind sehr stark interessiert, auch an Volvo oder Saab, aber ob das für uns Europäer wirklich wünschenswert wäre?
Zurzeit haben die Chinesen ein Know-How-Problem. Trotz Kopierens braucht man noch viele Jahre, um halbwegs europäische Standards zu erreichen. Holen die sich aber europäische Unternehmen ins Boot, bräuchten sie nicht zu kopieren, sondern benützten legal unser Know-How und in wenigen Jahren hätten sie europäische Standards erreicht. Dann hilft nur die Skepsis vieler, das nationale Bewusstsein bzw. dann auch europäische, um nicht Probleme zu bekommen.

Bleiben also am Ende nur Finanzinvestoren und das kann sich zu einem Bumerang entwickeln, wie die aktuelle Finanzkrise zeigt.

Un saluto

Bernardo
Anthimos
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Joined: 21 Dec 2008, 22:48

Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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Die Chinesen haben auch das nötige Kapital, da wurde viel nach der Asien-Krise vor 11 Jahren getan. Ob es noch Jahre dauern wird, bis die europäisches Niiveau erreicht haben, wage ich zu bezweifeln, die lernen verdammt schnell.
Vom Design sind die inzwischen auf einem guten Weg, ich hab die letzten Tage nach Bildern neuer Autos gesurft und hab da richtig heiße Wagen gesehen. In der deutschen Propagandapresse werden eh nur die Plagiate gezeigt, das passt besser zu den Vorurteilen. Brillance ist auch eher zweite Wahl, wenn es um chinesische Autos geht.
Weiß jemand was über die Vorraussetzungen für den C-NCAP? Ist das schon mit Euro-NCAP vergleichbar?
Der neue Roewe 550 hat dort 5 Sterne bekommen.

Aber zurück zum Thema, ich glaube für Opel wäre es sclimmer, wenn ein Inder, Chinese oder ein russischer Oligarch die Firma übernehmen würde. Das würde sicher mehr Arbeitsplätze kosten als wenn FIAT einsteigt. Dennoch werden diese Möglichkeiten weitaus positiver beurteilt.
mp
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Joined: 21 Dec 2008, 22:35

Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

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darum kommt er nach Österreich immer geheim und in der Nacht...der bringt das schöne wiener Stadtbild ganz durcheinander...
Ravennese
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Re: Diplomatische Krise auf EU-Ebene

Unread post by Ravennese »

Ich teile Rainers Analyse und Meinung komplett. In ganz Europa, so auch in Deutschland, wird immer nur von der Finanz- und Wirtschaftskrise geredet. Es ist aber in erster Linie auch eine Strukturkrise. Klar wünsche ich niemandem, dass sein Betrieb pleite geht. Aber eine Reorganisation im Sinne einer Marktbereinigung wäre dringend nötig. Opel baut keine wirklich schlechten Autos, aber es sind Fahrzeuge (im Gegensatz zu früher) ohne Image. Die Angebots- wie die Marktlage haben sich geändert und ändern sich mit Anbietern aus China und Indien in den nächsten Jahren noch viel mehr. Das haben Klugschwätzer wie Blüm ("Isch war schon immä ein ählischer Opelaner" - als wenn andere Firmen "unehrlich" wären) oder eben Verheugen einfach nicht kapiert. Verheugen ist genau solch ein "alter" Funktionär, der nach Brüssel abgeschoben wurde mangels Fähigkeiten. Es gibt inzwischen eine neue, junge und durchaus fähige EU-Parlamentariergarde in allen Parteien (beispielhaft sei für die CSU Dr. Angelika Niebler genannt). Aber deren Zeit kommt erst noch, und der Filz der Alten in Brüssel ist dick.

Opel baut Autos für Leute, die ebenso Renault, Toyota, Mazda oder Kia fahren könnten. Wenn Opel weg ist, jammern die ein paar Monate und fahren dann was anderes. Opel ist nicht Fisch, nicht Fleisch: Wer Geld hat, fährt "Premium" (BMW, Audi, Daimler, vielleicht Jaguar, Volvo, Saab). Wer sparen will und wem Image wurst ist, hat Dacia, die Koreaner und demnächst Inder und Chinesen. Wer geschmäcklerisch ist und das Besondere will, fährt je nach Geldbeutel Charakterfirmen von Fiat über Citroen und Lancia oder Alfa bis Saab. Da bleibt für indifferente Halb-Premium-halb-Simpel-Produkte wie Opel oder Ford wenig übrig. Ford wird es aufgrund klügerer Politik und besserer Finanzen wohl schaffen. Opel?? Who cares?

Lasst sie in Frieden sterben, andere werden dadurch gesünder und stärker und der Arbeitsmarkt insgesamt stabiler. Dafür nehme ich ein paar Monate Kriegsgeschrei in Kauf. Und, Bernardo, nimm Verheugen nicht ernst. Er ist ein Steinzeit-Kommissar, und Rauschen im Blätterwald gabs zu allen Zeiten. Als Journalist und Deutscher, der in Italien studiert hat, kenne ich das - es hat ein paar Monate Unterhaltungswert, und die gegenseitigen Klischees werden ausgepackt. Ich nehme das nur mit einem Schmunzeln zur Kenntnis!
Viva Lancia! Alex
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