Situation von Lancia

Ravennese

Situation von Lancia

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Hallo zusammen!
Habe seit geraumer Zeit in Eurem Forum gelesen und kann als langjähriger Lanciafahrer vieles im Herzen nachempfinden! Habe mich jetzt aber zum Schreiben entschlossen, weil ich im Moment (obwohl ich viele eurer Enttäuschungen, etwa über nichtgebaute Fulvia oder den Kundenservice teile) den umgekehrten Weg im Vergleich zu etlichen von Euch gehe: Ich war jetzt über zehn Jahre OHNE Lancia und komme in ca. vier Wochen wieder DAZU (Jawohl!)

Kurze Erklärung: Habe nach kurzen studentischen Erfahrungen mit Uralt-Golf 1, Fiat Uno und Alfa 33 in der 2.Hälfte der 80er meinen Weg zu Lancia gefunden. Fand schon als Kind die alten Appias, den Gamma, die Betas und Deltas und natürlich Stratos und Montecarlo toll. Habe mit einem noblen Y10 angefangen (damals ein Hochgefühl!) und mich über Delta, Prisma zu diversen Themas gehangelt.
Den Thema empfand ich lange als mein Traumauto: Schon nach einem Jahr gebraucht erschwinglich, klare Linien, elegant (besonders innen), erstaunlich gutes Fahrwerk, viel Ausstattung, Flair und Platz ohne Ende. Innen hat meist was geklappert, aber kaputt ging er nie.
Dann wurde ich berufsbedingt zum Vielfahrer: 50.000 km pro Jahr, bis heute. Ein Diesel mußte her. Der Diesel im Thema war müde und laut, brauchte alle 7.500 km (!!) Ölwechsel, für mich hätte das geheißen: alle 6-8 Wochen in die Werkstatt.

Dann baute Lancia damals langsam bei der Kundenbetreuung ab; mein sehr guter Exklusivhändler in München übernahm Seat; der Rest in meiner Nähe war arrogant und teuer. Ich wanderte ab.

Nächster Versuch beim Kappa-Debut: Jetzt kam wg. Familiengründung Sicherheitsdenken dazu, was mir früher egal war. Der katastrophale Crashtest beim Lancia und die neuen TDI-Diesel hielten mich davon ab - ich redete mir Audi schön. Der TDI war toll, dafür starrte ich täglich traurig auf mein Audi-80-Innenraumambiente und schlug mich mit selbstherrlichen Werkstätten herum. In meinen Träumen dachte ich an Lancias mit Straßenlagen wie früher und Innenräumen mit der Strahlkraft eines venezianischen Palazzo (entschuldigt mein Pathos, aber so gings mir wirklich.)

Nach Audi (furchtbar), BMW (sehr passabel, aber wenig familientauglich) und Volvo (gut und individuell, aber teilweise teuer im Unterhalt) habe ich vor kurzem den Schritt wieder hin zu Lancia gemacht und (auch familienbedingt) einen Phedra bestellt.

Ja,ja, ich weiß: Zur Hälfte ein Franzose, eben ein Van und keine sportliche Limousine und und und ....
Und dennoch finde ich, das Auto passt sehr gut zu Lancia: Die Ausstrahlung von außen ist enorm, ich kenne keinen italienischeren Van (ich sehe ihn eher als Großraumlimousine). Die Materialien im Innenraum sind großartig, ein Auto wie ein Palazzo, und er ermöglicht mir und meiner Familie dank Top-Crashtest, genug Platz und feiner Ausstrahlung endlich wieder "heimzukehren" zu Lancia.

Ich teile ansonsten viele Eurer Probleme, vor allem das "überwintern" dürfte schwerfallen in den nächsten Jahren. Daß die Fulvia nicht kommt, verursacht auch mir Herzstechen, und ein gut gemachter, edler Feger in der Golfklasse (wie der erste Delta) oder ein guter Lybra-Nachfolger wäre auch mein Wunsch. Von der ach so tollen Crossover-Mode halte ich wenig; der ultimative "Coupe-Gelände-Sport-Van" kann nichts richtig, ist sauteuer und m.E. fast immer hässlich (siehe Porsche Cayenne, Opel Signum usw.)

Ich zwinge mich trotzdem, Herbert Demel zu vertrauen - der Mann hat Audi hochgebracht und dann gehen müssen, weil er zu weitsichtig und zu "gut" für seinen Chef Piech war. Ich hoffe sehr, dass er, vielleicht weil er die Bilanzen der FIAT besser kennt als wir, doch die richtigen Schlüsse zieht und auch diesmal richtig handelt, auch wenns schwer fällt zu glauben.....
Ich werde jedenfalls diesmal versuchen, die Treue zu halten (lest ihr das eigentlich, Ihr da in Turin? Solche Fans hat wohl sonst keine Marke mehr wie Lancia!!) und nicht wieder ein Jahrzehnt lang durch die Fremde zu irren. Mein Phedra ist der Anfang, und ich freue mich auf ihn, auch wenn er kein ganz "richtiger" Lancia ist ....

Gruß, Ravennese
Felix

Re: Situation von Lancia

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Hallo,

in der Autozeitung stand,dass der Phedra ein Van ohne sportliche Gene ist und nicht zur Lancia-Firmenphilosophie passt.Ich sehe das allerdings genau wie du.Auch ich finde den Phedra ein überaus schönes Fahrzeug,mit dem du sicher keine schlechte Wahl getroffen hast.Aber stimmt das wirklich,dass der Kappa im Crashtest damals schlecht abgeschnitten hat?Ich hoffe wirklich,dass das nicht wahr ist.

Grüße,Felix
Alex

Re: Situation von Lancia

Unread post by Alex »

Hi!

Ich möchte dir prinzipiel recht geben und deine Einstellung ist auch sehr zu bewundern, aber ich habe keine Kinder, bin Anfang 30, suche was sportliches und sehe DIESE FULVIA AUF DER IAA!!!! Ich hab mir noch nie ein Auto so sehr gewünscht - und dazu muss ich anmerken, dass ich mit 17 ein halbes Jahr lang nach einem Beta Coupé gesucht (und dann auch gefunden) habe, dann kam vor sechs Jahren ein Beta Spider dazu, aber diese Fulvia.....
Sorry - aber weder Phedra noch Ypsilon passen in meine Vorstellung - an den Thesis denk ich wenn ich 50 bin, blos hält mein Dedra Integrale nimmer so lang durch und wer weiss wie lange die Marke Lancia so noch weiterleben kann....

???

.... hoffentlich noch viele Jahre - Viva Lancia
Ravennese

Re: Situation von Lancia

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Hallo Felix, hallo Alex,

danke für Eure aufbauende Zustimmung!
@Felix: Habe das in der auto-zeitung über den Phedra auch gelesen und mich sehr darüber geärgert, wiewohl der ganze Tenor des Editorials ja durchaus pro Lancia gemeint ist (Bravo!!). Ich befürchte bloß, dass die auto-zeitung (wie ich sie halt so kenne) eher die italienische Kopie des deutschen Autoverständnisses predigt. Wenn ich etwa sehe, wie das (in meinen Augen, ist natürlich immer Geschmacksache!) Design von Audi mit dem langweiligen Dachaufbau ohne Schwung und dem plump-teutonischen Plakettengrill beim A6/A8 oder der einfallslosen Schachtel A3 als superelegant und wegweisend in der deutschen Motorpresse bejubelt wird, dann tränen mir die Augen! Warum versteht keiner die unendliche Schönheit eines Thesis oder die Raffinesse eines Ypsilon, die mich über manche Unzulänglichkeit hinwegsehen lässt?

Kleine Geschichte dazu: Kurz vor dem Abi durften wir (war Internatsschüler) mit Autos der Eltern anreisen (war sonst verboten). Die meisten kamen mit Golf, einige BMWs und Mercedes, zwei Opel, zwei Audi. In meiner Klasse war ein italienischer Gastschüler, und der kam damals mit dem ersten Lancia Delta - gar kein Integrale (gabs da noch nicht), nur 90 PS in schlichtem Dunkelblau mit Leichtmetallrädern und feinem Tuch auf den Sitzen. Die meisten Mitschüler starrten verständnislos oder desinteressiert auf die unbekannte Schachtel. Nur zwei meiner Freunde und ich schlichen um das unbekannte Wesen und dachten: "Der hat Stil!" Nun war der Delta ja nun wirklich kein ganz großes Lancia-Highlight, aber das Design war klar und elegant, und das Fahrwerk war in der Golfklasse ganz vorn. Zum Abschlussball fuhren ich und meine zwei Gleichgesinnten bei Federico mit und fühlten uns viel besser angezogen als im Benz oder Golf!

@Alex: Natürlich verstehe ich Dich sehr gut - ginge mir in Deinem Fall ja genauso! Ich meine halt nur, dass das eine das andere nicht ausschließt - wenn diese Wahnsinnigen die Fulvia bauen würden, würde ich ihn auch sofort kaufen und meiner Frau die Phedra-Schüssel in die Hand drücken! Ich bin auf der IAA im September bei den Pressetagen (bin Journalist) insgesamt bestimmt vier oder fünf Stunden um die Fulvia auf ihrem Drehpodest herumgeschlichen und habe das automobile Italien meiner Kindheit wiederauferstehen sehen! Ich wünsch Dir wirklich, dass Du irgendwann doch wieder DEINEN Lancia findest - als Lancista hat man doch gelernt, an Wunder zu glauben, oder? Porca la miseria!

Was ich, mich betreffend, sagen will ist, dass der Phedra mir nun immerhin die Möglichkeit gibt, wieder Schild und Lanze am Kühlergrill zu haben und dennoch auch meiner Familie was Gutes zu tun. Und darauf freue ich mich jeden Tag!

Viva Lancia!
Alex

Re: Situation von Lancia

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Hi nochmal!

"Porca miseria" trifft die Situation schon ziemlich gut, ich war an den Fachbesucher-Tagen auf der IAA weil ich eigentlich direkt aus der Branche bin - ich hab 1988 bei Magna-Steyr (damals noch unter dem Namen Steyr-Daimler-Puch bekannt) eine Lehre begonnen und zu der Zeit im Versuch auch am Integrale-Projekt gearbeitet, seither lässt mich der Mythos Lancia nimmer los....
Jetzt bin ich bei Mercedes-Benz in Stuttgart und mir graut vor der Vorstellung in nächster Zeit meinen Integrale gegen eine C-Klasse tauschen zu müssen - eine Fulvia hätt ich da noch irgendwie erklären können.... :(

Alex
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