30 Jahre Y

[mefisto2011]

http://www.zeit.de/mobilitaet/2015-09/l ... ettansicht

[Delta LX]

«… Der Y10, benannt nach dem gleichnamigen Entwicklungscode, sollte die Renaissance von Lancia im Segment der Stadtautos beflügeln. …» - Schon dieser Satz belegt, dass der Autor wenig Ahnung von der Geschichte der Marke Lancia hat. Denn der Y10 war nicht die «Renaissance» Lancias im Stadtwagen-Segment, sondern der eigentliche Einstieg. Schliesslich baute Lancia dis dahin keine typischen A-Segment-Fahrzeuge; auch wenn Lancia später und bis heute - fast schon krampfhaft - versucht, Y10, Y und Ypsilon in einen Ahnenreihe mit Modellen wie dem Ardea oder dem Appia zu stellen. Nur: diese Lancias gehören eigentlich in eine genetische Linie mit dem Delta 831. Die Ypsilon-Modelle stehen in der Autobianchi-Tradition, auch wenn der Y10 viele Lancia-Attribute verkörpert (wie der Artikel denn auch richtig vermittelt).
Die Integration Autobianchis in Lancia erfolgte ja auch nicht von ungefähr: Autobianchi (zunächst mit dem A112, später mit dem Y10) ergänzte die Lancia-Palette in idealer Weise um einen chicen Stadtwagen und rundete sie so nach unten ab. In Konsequenz daraus etikettierte Lancia den A112 für einige Exportmärkte (darunter die CH) bereits mit Einführung der 4. Serie 1977 von Autobianchi auf Lancia um.

[LCV]

Das ist mir zu anstrengend, da offenbar der Server der Zeit gerade spinnt.
Aber ich erinnere mich, vor ein paar Tagen eine PR aus Frankfurt gesehen
zu haben, wo das Jubiläum herausgestellt wurde. Habe es nur überflogen und
gelöscht, da ja nichts Neues zu erwarten ist und sehr oft zu sehen ist, dass
die keine Ahnung von der Geschichte der Marke haben. Ich gehe davon aus,
dass der Zeit-Autor an Hand dieser PR seinen Bericht verfasst hat. Ich würde
deshalb nicht ihm den schwarzen Peter zuschieben. Wenn man den Aussagen
des Importeurs nicht glauben kann, wem dann? Zumindest aus der Sicht eines
Journalisten, der nicht bei einer Autozeitung tätig ist.

[Delta LX]

«… dass der Zeit-Autor an Hand dieser PR seinen Bericht verfasst hat» - Ob jener PR-Artikel nun die Grundlage war oder nicht - dank Internet gibt es heute ausreichend frei zugängliche Quellen, um der eigenen Recherche ein Mindestmass an Qualität zu sichern.

[lanciadelta64]

...und wie sieht es mit dem A112 aus?

Nachdem FIAT die "restlichen" Anteile von Autobianchi vereinnahmt hatte und Lancia zu FIAT gestoßen war, hatte man Autobianchi und Lancia "zusammengelegt" und daher wurde zuerst der A112 über das Lancia-Händlernetz verkauft und später lief der beispielsweise in Deutschland wie auch der A112 als "Lancia". Der Nachfolger war dann der Y10, der aber in Deutschland von Anfang an als "Lancia" lief und nur in Italien, wo Autobianchi einen anderen Bekanntheitsgrad hatte, als "Autobianchi". Mehr noch, denn es wurde ja auch die Version "Martini" angeboten, die in Anlehnung an den Rallye-Versionen Lancias entstanden.

So gesehen gibt es auf jeden Fall in Deutschland seit "30 Jahren" einen "Lancia Y/Y10/Ypsilon 840 und Ypsilon 846. So gesehen gibt es seit mehr als 30 Jahren unter dem Markennamen Lancia - und sei es nur auf einigen Märkten - einen "piccola Lancia".

Aber selbst wenn wir so "kleinlich" sein wollen, gäbe es seit nun 20 Jahren einen "Lancia Y/Ypsilon", denn der "erste" auf allen Märkten bezeichnete Lancia Y kam 1995 auf den Markt.

[Delta LX]

Was für eine Karriere für einen Projektcode! Dabei lief das neue Modell in den ersten beiden Jahren absatzmässig eher harzig, weil es verhältnismässig teuer war. Erst nach Produktionsende des A112 und der Einführung einer eigentlichen Basisversion zogen die Verkäufe an. So, dass der Y10 in zehn Jahren Bauzeit auf beinahe soviel verkaufte Einheiten kam wie der A112 in siebzehn Jahren. Eine wahre Erfolgsgeschichte für eine relativ kleine Automobilfirma wie Lancia.

[lanciadelta64]

Dem Y10 erging es am Anfang wie dem FIAT 500 (dem Ur-Modell), denn auch er erwies sich anfänglich als „Flop“ und damals hätte keiner darauf gewettet, dass gerade der 500 mehrere Generationen von Italienern erst mobil gemacht hätte.

Der Y10 wirkte für viele am Anfang zu „futuristisch“ und der FIRE-Motor, der mit dem Y10 eingeführt wurde, sorgte auch für Skepsis und last but not least der Preis, denn in jener Zeit war ein Auto i.d.R. ein reiner Gebrauchsgegenstand und ein Y10 kostete in Italien in etwa wie der größere FIAT Uno, war „deutlich“ teurer als der 126er FIAT und auch teurer als der gleichgroße Panda.

Wer aufs Geld achtete, nahm den Panda, wer „Platz“ brauchte, nahm den größeren Uno und wer beispielsweise in Rom einen „Mikrowagen“ brauchte, der griff auf den kompakteren 126er FIAT.

Den Ruf des „Edelminis“ bekam der Y10 und somit später auch die Ypsilon-Varianten erst im Laufe der Zeit, speziell ab der zweiten Serie.

Ob es nun „sinnvoll“ ist, einen heutigen Ypsilon mit einem Y10 zu vergleichen oder nicht, ist natürlich auch eine Frage des Standpunkts, aber wird nicht immer VW gelobt, weil man so „phantasievoll“ immer die gleichen Namen benutzt, auch wenn am Ende die letzte Variante kaum etwas mehr mit dem Original zu tun hat? Oder was hat ein Golf XY ungelöst noch mit dem Golf 1 zu tun?

Im Endeffekt ist der heutige Ypsilon „oberhalb“ des Y10 angesiedelt und wird statistisch gesehen zum B-Segment gerechnet, aber dennoch gehört er irgendwo in der Tradition, die der Y10 „gegründet“ hat, auch halt mit einem sehr „extravaganten“ bis „eigenwilligen“ Design, denn egal, ob Y10, Y oder die beiden Ypsilon-Baureihen, sie waren alles, außer banal. Sie gefielen oder sie gefielen nicht, aber gleichgültig wurden sie kaum gesehen.

[LCV]

Es ist "Tradition" bei vielen Herstellern, dass der Nachfolger immer etwas größer wurde,
besser ausgestattet und auch motormäßig zulegte.

Schaut man z.B. den Kadett A an, war das ein Wägelchen, wo ich zum Einsteigen den
berühmten Schuhlöffel gebraucht hätte. B und C waren schon deutlich größer, D und E
dann in der neuen Heckklappen-Form um Welten geräumiger, aber auch stärker. Es
entzieht sich meiner Kenntnis, warum man von Kadett zu Astra wechselte.
Nachdem die Autos so zugelegt hatten, musste man den Corsa unten dran setzen.
Seit kurzem nun den Adam.

Beim Golf war es nicht anders. Der versuchsweise eingesetzte Audi 50 wurde zum
Polo, der aber inzwischen geräumiger ist als der Golf 1. Deshalb kamen der Lupo
und inzwischen der Up.

Niemand wirft Lancia vor, dass der Name Ypsilon Bestand hat. Auch wenn das aktuelle
Modell nicht mehr viel mit dem Y10 zu tun hat. Aber diese Art der Kontinuität ist gut
für das Geschäft. Vielleicht auch ein kleiner Beitrag zum Erfolg. Jedenfalls besser als
ständige Namensänderungen oder ein derartiger Nummernwirrwarr wie bei Peugeot, wo
die Logik irgendwie auf der Strecke blieb.

[Ralph Cellini]

http://www.kfz-betrieb.vogel.de/old_you ... es/503448/