Hallo Georg,
natürlich sollst du weiterhin "Spaß" an Lancia haben und ich werde sicherlich nicht meinen Delta deswegen verkaufen und überlege, eventuell meinen Punto durch einen Ypsilon zu ersetzen.
Es geht auch nicht um den "Todesgesang" auf Lancia oder dem "Lesen" in einer Glaskugel, sondern nur das Zusammensetzen eines Puzzles und wenn man dann ein Bild bekommt, was einem nicht gefällt (mir gefällt es nicht), dann ist das Bild nicht deswegen falsch.
Du darfst auch nicht vergessen, es sind immer Betrachtungen, die auf dem Stand der Dinge des "heutigen" Tages basieren und ich denke mir, du weißt wie ich, dass Marchionne (ist er es wirklich oder nicht doch vielleicht der Hauptaktionär, der hinter ihm steht und vielleicht sagt, was SM zu tun hat?

) extrem sprunghaft ist und so radikal er heuer in die eine Richtung geht - und hier steht nun einmal die Vorzeichen auf Schließen, auch wenn man das nicht so offen sagen kann, weil man sonst über Nacht auch keine Ypsilons mehr verkauft bekäme - ist der in der Lage, morgen genau entgegengesetzt zu operieren.
Was habe ich nicht alles aus seinem Mund gehört und nicht immer nur "Gerüchte von einem, der einen kennt, der wiederum einen kennt, der ein Verwandter des Türstehers eines Gebäudes ist, in dem sich SM sehen gelassen hat", ist derart sprunghaft, dass selbst für italienische Verhältnisse das schon "zu extrem" ist und das soll schon etwas heißen.
Zuerst rief er "Fabbrica Italiana" aus, also Investitionen in Italien, dann spielte er beleidigte Leberwurst, ergo nix mehr "Fabbrica Italiana", dann wollte er seine Verträge in den Fabriken durchpauken, weswegen er aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten war, ergo keine Standardverträge mehr akzeptierte. Dann meinte er, wenn die Arbeiterschaft gegen stimmt, wird er in Italien "alles" schließen.
Dann stimmte eine deutliche Mehrheit in Pomigliano dafür, also war er "beleidigt", weil es in seinen Augen "zu wenige" waren, ergo wollte er wieder alles wegbringen, nach dem Motto, was interessiert mich heute das Geschwätz von gestern.
Dann hieß es, jedes Jahr!!!!!!! sollte ein neues Lancia-Modell herauskommen, der Delta war der "Anfang" und Francois kämpfte - angeblich wie ein Löwe - um das Projekt "Deltina" durchzusetzen, also ein Fahrzeug, das die Lücke zwischen dem mittlerweile ins D-Segment abdriftende Delta und dem Ypsilon schließen sollte, der deutlich "sportlicher" daherkommen sollte.
Am Ende blieb es beim Delta, der Deltina, der schon im Projekt vorangeschritten war, wurde komplett gecancelt.
Dann kam Chrysler, die Geschichte mit GM/Opel und nachdem Opel sich "lang machte", wurde ihnen sogar versprochen, die Rolle einzunehmen, die Lancia im Konzern innehatte, also eben nicht eine "GM-Kopie" von FIAT, sondern eben als "gehobene" Marke.
Das ging schief, also entstand die Idee, Chrysler und Lancia als "eine Marke" herauszubringen, wobei schon Spötter meinten, aus zwei Kranken machst du keinen Gesunden.
Es entstand New Lancia und auf einmal war dann ein Programm, das der italienischen Regierung und den Gewerkschaften präsentiert wurde!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Darin stand dann auch die Pläne für Lancia und damit hätten wir als Lancisti uns beinahe "beruhigt" zurücklehnen können. In der Zwischenzeit ermahnte er "Alfa", weil man seit Jahrzehnten nur Geld verloren habe und es werde Zeit, endlich den Trend zu wenden, ergo kam der Rotstift und die Giulietta gar um 12 Monate später auf den Markt.
In der Zwischenzeit drohte Marchionne erneut FIAT wegzubringen und aus Italien, aber dann wurde es ruhiger, weil ja de facto alle Fabriken, denen der neue Vertrag unterbreitet wurde, diesen annahmen, ja sogar in der Ex-Bertone-Fabrik der Betriebsrat, der von der FIOM geführt wird, sich gegen die eigene Gewerkschaft stellte und für Marchionnes Vertrag stimmte.
In Mirafiori wurde dann den Arbeitern ein Plan vorgestellt, der eine hohe Auslastung der Fabrik garantieren sollte, unteranderem ein Jeep-Modell (ist heuer für Melfi geplant). Die FIOM (CGiL) stimmte gegen, weil sie der Meinung war, man könne FIAT/Marchionne nicht trauen, traditionell halte man sich nicht an Abmachungen.
Dann 1,5 Jahre später - wie aus "heiterem" Himmel - drehte man alles um, man wolle nun komplett in Alfa investieren, Lancia sei - so Marchionne - leider nicht mehr "zu retten" und werde nie wieder das sein, was es einmal war. Leider sei man territorial beschränkt und nur mit dem Ypsilon konkurrenzfähig.
Auf einmal sollte wieder in Italien investiert werden, diesmal "Premium-Fahrzeuge", also wie bereits der Ghibli oder Quattroporte von Maserati, auch die Alfas der oberen Segmente.
Dann verlor man vor Gericht einen Prozess gegen die CGiL, die die Wiedereinsetzung dreier Arbeiter forderte, weil diese entlassen wurden, da sie CGiL-Mitglieder seien, die eben nicht die Vereinbarung mit FIAT unterschrieben habe.
Wie zu erwarten war, konnte das Gericht nur zugunsten der Arbeiter ein Urteil fällen. Alles andere wäre ein Verstoß gegen die Verfassung gewesen, nämlich der freien Wahl der Gewerkschaft, was nicht sanktioniert werden kann und nicht als Grund einer Entlassung.
Wegen dieses Urteils tobte dann erneut SM und nun heißt es wieder, man wolle wieder weg aus Italien. Dazu kommt auch noch, dass er mit der Veränderung des Plans, die zukünftigen B-Segment-SUVs in Mirafiori zu bauen (280.000 Fahrzeuge sind geplant), wie mit den Gewerkschaften (außer CGiL) übereingekommen, heuer in Melfi gebaut werden kann, während für Mirafiori die Zukunft ungewiss ist.
Diese Veränderung nun führt dazu, dass die Gewerkschaftskonkurrenten der CGiL an Glaubwürdigkeit verloren haben, bzw. sich als "naiv" präsentiert haben, während die CGiL ja von Anfang an alles mit SM ablehnte, weil dieser keine Vereinbarungen einhalte.
Und dann nehmen wir die Geschichte mit Alfa und den USA. Seit wann lese ich, Jahr für Jahr, Marchionnes Reden "im nächsten Jahr kommt Alfa in die USA". Bis heute "nada" und immer wieder wird es aufgeschoben.
Beim 5 Jahres-Plan vor nicht einmal so langer Zeit hätten wir Lancias aus Übersee gesehen und selbst ein Delta4 war geplant, nichts davon ist zu lesen, dann das Durcheinander um einen E-Segment-Alfa, zuerst sollte dieser nicht kommen, dann ja, wieder nein, dann wieder ja, heuer wieder "aufgeschoben".
Du siehst also, wie verworren das Ganze ist und so gesehen, bedeutet der "Tod Lancias", nach dem heutigen Stand der Dinge nicht automatisch, dass es auch vielleicht im nächsten Jahr so ist.
Fakt aber ist - und das muss man so hinnehmen - Marchionne hat gesagt, Lancia sei zu sehr auf Italien bezogen, was heißt, der Zug ist abgefahren. Er meint, Lancia werde nie wieder mehr das, was es einmal war. (du kannst deine eigene Schlüsse ziehen). Fakt ist, es wird in Lancia nichts mehr investiert und du siehst auch - korrigiere ich, wenn ich mich irre - keine Lancia-Werbung mehr im Fernsehen (Giulietta immer noch). Fakt ist, man will sich auf Alfa konzentrieren, weil es eine "globale" Marke ist.
Fakt ist - ich zitiere SM - Chrysler-Modelle nur nach Europa kommen werden, wenn es ökonomisch sinnvoll wäre. Nun spielen in Europa A-,B- und C-Segment die entscheidende Rolle, weit geringer das D-Segment und alles darüber sind auf Europa bezogen, eher "Randsegmente".
Da man für die USA keinen "Markt" für einen Chrysler 100 sieht, wird es ergo auch keinen Delta 4 geben, also keinen C-Segment-Lancia.
Bliebe die Flavia, alias 200er, aber man will kein Geld investieren, Werbung auch nicht machen, weil kostet Geld, das Händlernetz wird eher "ausgedüngt" und es - zumindest in Deutschland - sehr auffällig, dass man wieder in der Zeit des Ignorierens zurückfällt. Bliebe der 200er/Flavia für Italien. Aber schon der Delta hat bewiesen, dass man als D-Segment-Premium-Marktführer über Jahre, nicht genügend Fahrzeuge an den Mann bringt, weil das Segment zu klein ist.
Also woraus sollte deiner Meinung nach dann Lancia bestehen? Es fehlen dann die Fahrzeuge und eigentlich nur der Ypsilon. Aber auch hier ist das Problem, dass er sich außerhalb Italien, speziell auf dem wichtigsten Markt Europas, nämlich dem deutschen, nicht verkauft.
Lohnt es sich wirklich, einen Vertrieb für ein einziges Modell aufrechtzuerhalten?
Bliebe also Ypsilon und Italien und sicherlich ist Lancia hier bis 2017-19 "gesichert (je nach dem, was man als Lebenszyklus annimmt, aber mindestens 6 Jahre, ergo bis mindestens 2017).
Das sind die Fakten. Klar, ist es ein Lesen im "Wasserglas", was nach 2017-18-19 passiert, aber aus der "heutigen" Sicht und ich betone "heutigen", sieht es sehr düster aus.
Aber es ist ja nicht nur Lancia, sondern gilt für Europa und somit auch für FIAT.
Marchionne sieht FIAT eher als "Panda" plus 500er als "Submarke" und gut ist, nada FIAT, Lancia nur der Ypsilon, wobei keiner sagen kann, was danach kommt. Alfa bekommt Fahrzeuge, die vor allem sich auch außerhalb Europas verkaufen lassen und sicherlich in Europa nicht großartig auf Stückzahlen kommen (sollten die Gerüchte - und ich betone "Gerüchte" stimmen, könnten sogar Giulietta und MiTo ohne Nachfolger bleiben, auch wenn ich das kaum glauben kann).
Marchionne sprach von einer "langanhaltenden" Krise in Europa, Ford spricht von 5-6 Jahren, also beinahe eine gesamte Generation an Autos und in der Tat scheint SM wenig gewillt zu sein, in dieser Zeit in Europa große Investitionen zu tätigen, die vor allem auf den europäischen Markt zielen.
Wie gesagt, das ist der Stand der Dinge.
Natürlich kann sich alles verändern, andere Fusionen anstehen, vielleicht Marchionne doch in Rente gehen, sein eventueller Nachfolger "alles ganz anders" sehen, Alfa in den nächsten 3-4-5 Jahren doch nicht den erhofften Erfolg einbringen, aber das wäre dann wirklich ein Kaffeesatzlesen.
Lg
Bernardo