Impressionen aus Genf

Aerotime
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Re: Impressionen aus Genf II

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Ein kleiner Einblick in die Lancia Welt erlebt am Eröffnungstag um 17'30 Uhr.
Drei Herren mit Lancia gekennzeichnet sitzen auf Stühlen und unterhalten sich angeregt. Eine nette Dame, ebenfalls mit Lancia beschildert wird höflich gefragt ob der Basler Lancia Händler Marco Lavino anwesend sei. Antwort: Fragen Sie bitte die Herren. Die drei Herren fühlen sich in ihrem Gespräch gestört und geben zur Antwort: Kommen Sie am Freitag wieder, vielleicht ist er dann da.
Diese kleinen Punkte prägen den Eindruck einer Marke und sind Sinnbild für die aktuelle Lage des Konzerns. Wenn nicht Händler wie u.a Lavino in Basel den Stolz der Marke verkörpern würden, wo wäre Lancia.
Mit einer solchen Mannschaft an einer Messe aufzutreten grenzt an Sträflichkeit.

2 x Musa Platino 1.3 Diesel
1 x Phedra

Im Dezember 2011 der Marke mit Wehmut den Rücken gekehrt.
mefisto2011
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Re: Impressionen aus Genf II

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Journalisten schmieren mit anderen Worten! Wer sowas propagiert, sollte sich auch mal ein paar Fragen stellen
mefisto

aktuell: Lybra SW 1,9 JTD

davor
Delta TD (Gurke, mit 130.000 recycelt)
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ph75
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Re: Impressionen aus Genf II

Unread post by ph75 »

Es geht nicht darum Journalisten zu schmieren sondern um sinnvolle und langfristige Medienarbeit als wichtiger Teil der Public Relations. Also eine Beziehung mit den Schreibenden aufzubauen und zu unterhalten. Und um das zu schaffen, braucht es ein gewisses Budget... Für Presseevents, Pressereisen usw. Ich denke mp meinte das in diesem Sinne....
Anthimos
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Re: Impressionen aus Genf II

Unread post by Anthimos »

Übersetzt: schmieren.
Das hört sich immer alles so toll an, man kann es auch Incentives nennen.
Es ist und bleibt aber nichts anderes als Korruption!
Dean
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Re: Impressionen aus Genf II

Unread post by Dean »

Hallo Aerotime

Das sage ich seit Jahren!!! Würden ALLE Händler in der Schweiz sich den Arsch so aufreissen wie der Marco, würde man die Gesamtverkaufszahlen LOCKER verdoppeln bis verdreifachen.
Aber da sieht man eben den Unterschied, Marco vertreibt seit 30 Jahren (natürlich auch damals mit Hilfe seines Vaters) explizit nur Lancia. Bin nicht ganz sicher ob er sogar der einzige Exklusivhändler in Europa ist. Und wenn man halt nur mit Lancia sein Brot verdienen will, dann muss man halt Gas geben. Andere stützen sich aber noch zusätzlich vom Verkauf anderer FZ anderer Marken.

Eine wirklich LACHHAFTE Situation!!!!!!

Dean
lanciadelta64
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Re: Impressionen aus Genf II

Unread post by lanciadelta64 »

Ja, weil es ja sonst nirgendwo so etwas gibt...geh bitte... Das fängt doch schon damit an, wenn du in einer Zeitung immer und groß inserierst und eine wichtige Einnahmequelle bist. Sehr schnell hast du bestimmte Tests in einer Richtung.
lanciadelta64
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Re: Impressionen aus Genf II

Unread post by lanciadelta64 »

Nun ja, die italienischen Fachjorunalisten sind die "Huren" ihrer Zunft. Vor vielen Jahren waren einige von ihnen während einer Mille Miglia in meiner "Stammbar" und das habe ich ihnen dann auch offen ins Gesicht gesagt. Wenn man bedenkt, dass solche Leute sehr schnell dich wegen "Verletzung der Ehre" verklagen, war es interessant, ihre Reaktionen zu sehen.

In D. oder F. brauchst du Journalisten und Co kaum zu schmieren, denn sie haben ein anderes nationales Verständnis, besitzen den "Stolz der Nation" und sehen vielleicht auch mehr die "nationale ökonomische Seite". Die Kinder wachsen mit einer bestimmten Wahrnehmung auf und somit geht das in das eigene Bewusstsein über und ist für einen Franzosen oder Italiener somit selbstverständlich, ohne dass er sich groß darüber Gedanken macht.

In Italien ist die Sache anders. Wir haben eher etwas mit Ex-Jugoslawien gemeinsam denn mit den Nationalstaaten wie Deutschland oder Frankreich. Wir haben kein nationales Bewusstsein und es hat es nie wirklich gegeben. Italien ist und war für viele immer nur ein künstliches Gebilde. Es gibt sehr wenige "nationale" Dinge, auf die wir Italiener stolz sind und selbst bei diesen Dingen kommt nicht selten der Regionalismus heraus. Italien hat kein nationales Denken, sondern ein provinzielles Denken. Man ist mehr mit dem Ort, der Gegend verbunden als mit dem Land und oft gönnt man den anderen Regionen möglichst das Schlechte.

Das hat historische Gründe und nicht selten verbündeten sich Fürsten mit Gegnern anderer Fürsten im eigenen Land, eben weil sie Feinde waren, frei nach dem Motto, der Feind meines Feindes ist mein Freund.

FIAT ist mit Abstand das meistgehasste Unternehmen Italiens, was wiederum politisch-ökonomische Gründe hat und man nur verstehen kann, wenn die Geschichte nach dem 2. Weltkrieg hier kennt.

Dass FIAT in so einKonstellation versäumt hat, die "Hurre" italienische Fachpresse auf die eigene Seite zu bringen, ist einer der Kardinalfehler, aber das geschah in einer Zeit, als FIAT sich selbst in den Ruin getrieben hat und auch das hat politische Größenordnungen (siehe Schließung Chivasso oder Arese). Am Anfang war es FIAT egal, weil eh kaum einer Autozeitungen gekauft hat, weil man für solche Dinge kein Geld gab, aber mit der Veränderung des Kaufverhaltens, des Konsums bekamen auch diese Zeitschriften immer mehr Bedeutung und dann kam die Zeit, in der FIAT vor der Pleite stand und das ist immerhin beinahe ein Jahrzehnt gewesen und genau in der Zeit haben sich die Konkurrenten Stück für Stück sich der Zeitungen "bemächtigt".

Man kann manchmal genau erkennen, wer welche Zeitungen "beherrscht". Es ist dann sehr interessant, dass Autos von einer bestimmten Marke in Zeitung A praktisch immer "gewinnen" oder sehr gut wegkommen, der anderen Marke aber schlechter, während dann in Zeitung B es genau umgekehrt ist. Beinahe jeder hat seine "Hauszeitung", FIAT eben nicht und somit steht man praktisch geballt gegen eine Fachzeitungslandschaft.

Dazu kommt die Lega, die gerne populistisch FIAT als "Staatsfeind" Nr 1 auserkoren hat, die Freunde Silvios sehen das auch nicht viel anders, auch weil Leute wie Montezemolo oder auch Marchionne mehr oder weniger offen Silvio kritisiert hat, Montemolo ihn nicht selten als "Schande" angesehen hat. Für die Linken ist FIAT eh ein "rotes" Tuch und schießt bei jeder Gelegenheit gegen,.

Unter diesen Umständen muss man sich wundern, dass immer noch rund 30% der Italiener italienische Autos fahren, was aber vielleicht oft auch eine Frage des "Provinzialismus" ist, weil man ja den Händler vor der Türe gut kennt, verwandt, befreundet oder was auch immer.

In den Städten wie Rom sieht die Sache für FIAT katastrophal aus, denn da ist ihr Marktanteil noch einmal deutlich unter dem Landesdurchschnitt.

Wie gesagt, wir Italiener haben eine Vorliebe für alles, was nicht italienisch ist, wenn es sich nicht gerade um Essen handelt. Wir nennen das "esterofilo" und nennen uns "esterofili".
mefisto2011
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Re: Impressionen aus Genf II

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das hat dann aber mit unabhängigem Journalismus nichts mehr zu tun, egal in wie vielen Branchen das üblich ist. Habe noch in dieser Woche einen bericht gesehen, wo Einladungen an die Presse zu mehrtägigen Reisen seitens Buchverlagen an den Pranger gestellt wurden, weil sie nur den Zweck einer wohlwollenden Berichterstattung haben. Der Leser erwartet aber Objektivität - oder begründete Subjektivität. Und davon mal abgesehen, weiß denn hier irgend jemand, was der Fiat-Konzern nicht macht oder "versäumt", was andere Konzerne machen? Sind doch alles nur Mutmaßungen, weil die Presse die Produkte der einheimischen Hersteller angeblich besser bewertet - außer in Italien natürlich. Es ist doch pervers, die Nachahmung eines Missstandes einzufordern

mefisto
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LCV
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Re: Impressionen aus Genf II

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Hallo Dean,

Du kannst die Marktsituation in der Schweiz nicht mit Deutschland vergleichen. In CH gibt es tatsächlich Händler, die schon seit Ewigkeiten Lancia verkaufen und einen treuen Kundenstamm haben. Und in Ländern ohne eigene Autoproduktion (wenn man von Kleinherstellern à la Monteverdi absieht) haben / hatten etwas exotischere Marken bessere Chancen als in Ländern mit starker nationaler Produktion. In Deutschland wurde das Händlernetz ständig umstrukturiert und es gibt deshalb wohl kaum Händler, die schon vor 40 oder 50 Jahren Lancia verkauften.
Ein Händler hier bei uns begann gerade, als die Beta-Reihe zu Ende war. Andere noch später. Die konnten einen Beta nicht vernünftig betreuen, weil sie vom Werk/Importeur keinerlei Infos erhielten. Nach dem Motto: Vergesst die alten Kisten, Ihr müsst Y10, Delta, Prisma und später Dedra und Thema verkaufen. Unser Händler hier war reiner Lancia-Händler. Er engagierte sich so, dass bald jeder Bauer einen Lancia kaufte. In ländlichen Regionen zählt der persönliche Kontakt mehr als in der Großstadt. Dies auch, weil der Bauer sogar am Sonntag kommen konnte, wenn z.B. der Mähdrescher streikt. Mit Reparaturen an Landmaschinen konnte man die Kunden binden. In diesem Ort und der näheren Umgebung sah man mehr Lancias als VW oder Opel. Es gab nur noch einen (sehr guten) Alfa-Händler, aber ein Lancia war den eher konservativen Leuten wohl besser zu vermitteln als ein Alfa. Der Alfa-Händler MUSSTE zur besseren Auslastung eine zweite Marke dazu nehmen. Nach einem kurzen Versuch mit Daihatsu unterschrieb man bei Datsun/Nissan. Die Alfa-Leute drehten fast durch und verlangten, dass das Betriebsgelände total getrennt wurde. Viele die vorher Opel, Ford, VW oder Mercedes fuhren und nun einen Lancia kauften, machten früher oder später mit dem "Service" Bekanntschaft. Der Händler kann sich bemühen wie er will, aber wenn er "von oben" keine Unterstützung bekommt, steht er auf verlorenem Posten. Viele, die einen Lancia kauften, waren zwar vom Auto angetan, aber der Service stimmte nicht. Also war das nächste Auto ein Nissan, der ja 500 m weiter zu bekommen war. Als reiner Lancia-Händler war kein Geld mehr zu verdienen. Dank fragwürdiger Modellpolitik konnten oft die Kunden nicht bedient werden, die trotz allem einen neuen gekauft hätten, nur gab es keinen oder der Neue war ein völlig anders geartetes Auto. Der Händler konnte sich mit Gebrauchtwagen und Landmaschinenservice noch etwas halten, gab aber schließlich ganz auf. Ich kann diesem Händler bescheinigen, dass er wirklich alles getan hat, damit es läuft, aber es kann nur funktionieren, wenn Hersteller, Importeur und Händler zusammenarbeiten statt gegeneinander. ---

Ein Messeerlebnis der oben beschriebenen Art hatten wir bei der Vorstellung des Lybra auf der IAA. Bin mit einem Clubmitglied extra nach Frankfurt gefahren und schnurstracks auf den Lancia-Stand marschiert. Schön gemacht, doppelstöckig mit Café-Snackbar oben. Zwei Typen im Anzug standen so steif herum wie im Wachsfigurenkabinett. Ich wagte es, einen anzusprechen, stellte mich als Clubchef vor und bat darum, dass man uns den Lybra zeigt, Motorhaube aufmacht usw. Zeit hätten die Jungs gehabt, denn fast alle Besucher liefen zu anderen Ausstellern. Die Antwort: Das Auto ist abgeschlossen. Der Kollege, der den Schlüssel hat, ist nicht da, aber gehen Sie mal nach oben und lassen Sie sich einen Espresso geben.

Toll, da fährt man hin und zurück über 600 km, um ein neues Auto genau anzuschauen und dann in der Clubzeitschrift zu berichten, aber man bekommt einen Espresso. Den hätte ich daheim einfacher gehabt.

Positiv: Ich entdeckte den Stand des I.DE.A.-Designinstituts. Die Marketingchefin, Engländerin, war sehr nett, erzählte mir einiges und lud uns ein, bei der nächsten Clubreise das Designinstitut zu besichtigen. Ich bin zwar nicht von allen I.DE.A.-Kreationen begeistert, aber so muss man agieren. Dabei war von Anfang an klar, dass ein Club niemals Kunde werden könnte.

Wenn schon auf den Messeständen Arroganz, Gleichgültigkeit und Inkompetenz vorherrschen, sollte man den Händlern keinen Vorwurf machen.

Gruß Frank
Lancia Club Vincenzo - Int. Lancia Flaminia Register - Int. Lancia Thema Register - Eurovan 1 IG - SAAB-Freunde Südbaden
www.lancia-club-vincenzo.com
lanciadelta64
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Re: Impressionen aus Genf II

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Mein Gott willkommen im Leben. Wenn der Leser "Objektivität" wollen, sind sie naiver als ich glaube. Das ist eine "Idealform", die es nicht praktisch nicht gibt. Alles ist eine Frage der Sichtweise, die sich durch Raum und Zeit verändern kann und verändern wird. Die Macht der Presse ist bekannt und man muss kein Genie sein, dass sehr vieles gezielt lanciert wird, um bestimmte Dinge in die eine oder andere Richtung zu bekommen. Dazu sind ja auch viele Zeitungen von Inseraten abhängig. Und wenn du "Hauptsponsor" einer Zeitung bist, kannst du kaum davon ausgehen, dass jemand dann dagegen schreibt und sollte es ein Journalist wagen, dürfte er schneller seinen Job los sein, als ihm lieb ist

Nun ist das in Italien offensichtlich - und ich rede jetzt von hier, weil ich es sehr gut nachvollziehen kann - dass bestimmte Hersteller in bestimmten Zeitungen besser wegkommen als in anderen und das nahezu immer. Das ist sehr auffallend. Warum das so ist, kann ich dir dann natürlich nicht sagen und ich kann nur spekulieren. Fakt aber ist, dass dann die Zeitungen ihre "Lieblingshersteller" haben und das über viele Jahre.

Ein Beispiel sehr eklatant und sehr interessant: Opel war immer Gente Motori-Liebling, schon früher und hier kam VW eigentlich immer unter die Räder. Opel kam in die Krise und der Hang zu GM im Allgemeinen blieb zwar immer noch erkennbar, aber doch sehr "abgekühlt" und auf einmal war die PSA-Gruppe "Zeitungs Liebling".

Es ist halt sehr auffallend und man muss kein Genie sein, 1 und 1 zusammenzurechnen. Das hast du auch mit Audi, Mercedes oder BMW. Es ist interessant, dass diese Marken oft in bestimmten Zeitungen sehr gut wegkommen, dafür dann in einer anderen schlechter, während die ihrerseits ihre Lieblinge haben.

Es ist also nich so, dass es abwechselnd ist, sondern eine Konstante und Fakt ist auch, dass FIAT in Italien absolut kein "Heimspiel" hat, im Gegenteil, die hauen manchmal noch schlimmer drauf. In der Regel spricht man ja noch im Ausland vom "italienischen Design" und dass die Autos zwar "schön", aber eben "unzuverlässig" seien. Die italienische Presse spricht den italienischen Fahrzeugen der FIAT-Gruppe -sofern nicht Ferrari - grundsätzlich die "Schönheit" ab. Sie seien alle nicht schön.

Lobbyismus ist in der heutigen Zeit der Regelfall und eben nicht die Ausnahme. Nun kannst du hoffen, dass die Welt "besser" und "schöner" wird, aber das ist eine Utopie und vor allem, selbst wenn es eine "realistische" Sache wäre, würde das sehr lange dauern und in der Zwischenzeit bist du "tot".

Daher hat FIAT etwas versäumt, was für die anderen Hersteller "täglich" Brot ist.
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