Mache dir um deinen Lancia keine Sorgen, denn der wird weder in Mirafiori, noch im ehemaligen Bertone Werk, auch nicht in Pomigliano
Natürlich ist das eine Baustelle, aber die hast du so ziemlich bei jedem Hersteller und die Situation wird sich noch verschärfen, denn nicht alle Hersteller werden in der aktuellen Form überleben (lassen wir einmal die Exoten beiseite, wobei Porsche bei VW gelandet ist, Lambo sowieso und Ferrari gehört seit "ewigen" Zeiten zu FIAT). FIAT war 2004 de facto bankrott, damit nicht genug, wenn es nur das gewesen wäre, aber man hat in der Überzeugung, von GM geschluckt zu werden, keine Investionen mehr getätigt bzw. alles heruntergefahren. Mit "Tafelsilber", den Entschädigungszahlungen von GM hat man dann versucht, FIAT zu "sanieren", was man angesichts der finanziellen Situation in der heutigen Zeit als gelungen ansehen kann. Lancia hat in dieser Zeit der Krise besonders gelitten, noch extremer als FIAT selbst.
Die Probleme liegen darin, dass "zu viele" Arbeiter hier in Italien "zu wenige" Fahrzeuge produzieren und angesichts der Globalisierung zu teuer produziert wird. Eine Schuld hat auch der Euro, der im Gegensatz der Volksmeinung in Deutschland, der deutschen Autoindustrie gelohnt hat. Italien hat seine Produkte immer auch dank der schwachen Lira verkauft, während die Importe sehr teuer waren. Jetzt hat man eine "harte" Währung und die Folge ist, dass die Exporte für FIAT kostspielig sind, für VW in Richtung Italien günstiger als früher.
Aber in Italien hat sich diese Problematik noch nicht herumgesprochen, ergo fordert man die "Quadratur" des Kreises.
Dazu kommt auch in Italien eine historische Dimension hinzu, die ich hier nicht weiter ausführen möchte. Somit gibt es Misstrauen auf beiden Seiten, FIAT traut den Arbeitern nicht, die FIAT nicht. Irgendwo ist es verständlich, denn wenn man sieht, wie in Pomigliano gearbeitet wurde, kann ich verstehen, dass man den Leuten nicht traut, umgekehrt ist auch die Art und Weise, wie man nun Pomigliano auf andere Fabriken ausweiten möchte, auch nicht gerade dazu geeignet, unter der Arbeiterschaft Vertrauen zu schaffen, zumal früher viele Versprechungen nicht eingehalten wurden und am Ende die Arbeiterschaft die Zeche zahlen musste.
Erst hieß es, der Vertrag um Pomigliano sei ein "Einzelfall" und nur für Pomigliano gedacht, dann auf einmal wollte man diese Vereinbarung auch auf Mirafiori ausgeweitet sehen und nun auch in der Bertone-Fabrik und demnächst? Aus taktischen Gründen hat man den Arbeitern in Italien keinen reinen Wein eingeschüttet und somit ist auch verständlich, dass die Leute in Modena und bei Turin (Ex-Bertone) dem Braten nicht trauen. Man hat Angst, heute unterschreibt man eine Abmachung, die dann ungeahnte Konsequenzen für den Einzelnen hat. Man vermutet dahinter nur ein weiteres taktisches Spiel.
In erster Linie ist die FIOM gegen FIAT, die der größten Oppositionspartei sehr nahe steht und mit Sicherheit auch ihr "Süppchen" kocht. Aber das ist Italien, damit hat Italien immer gelebt und wird damit immer leben.
Ich gehe einmal davon aus, dass am Ende auch im Ex-Bertone-Werk eine Abmachung kommen wird, denn wie gesagt, es ist NUR die FIOM (wenn auch größte Einzelgewerkschaft), die die Ausweitung der Abmachung aus Pomigliano und Mirafiori ablehnt.
Es funktioniert wie folgt: FIAT verspricht hohe Investionen (man will angeblich in Italien rund 20 Mrd. Euro investieren), droht aber gleichzeitig, diese nicht zu tätigen, wenn die Arbeiterschaft nicht alle der Abmachung zustimmen.
Die Ex-Bertone-Fabrik hat die modernste Lackierstraße der FIAT-Gruppe auf italienischem Boden (nicht umsonst machen sich die Leute in Modena Sorgen, dass am Ende sie leer ausgehen), sie liegt zurzeit auf Eis und FIAT hat diese Fabrik nicht aufgekauft, um am Ende dort nichts zu bauen.
Anders ausgedrückt, es lohnt sich für FIAT eher, dort zu investieren als irgendwo anders in Italien. Also gehört das für mich zum taktischen Spiel zwischen FIAT als Eingentümer der Fabrik und den Gewerkschaften, wobei am Ende der Vertrag von Pomgiliano und Mirafiori auch auf dieses andere Werk - und dann Stück für Stück auf alle anderen Werke - übertragen wird.
Daher sollte man nun nicht gleich in Panik ausbrechen. Die gleiche Taktik hat man auch schon in Pomigliano angewandt und am Ende doch sich geeinigt, so auch in Mirafiori.