Hallo Joachim!
Mutig, mutig!
Nein im Ernst, das kann man selber machen, aber zumindestens die Kupplung ist verdammt viel Arbeit, da zahlst du in der Werkstatt wahrscheinlich alleine mehr als 700 Euro Arbeitslohn. Die bocklose Miene kann ich verstehen, wenn die dem Kunden den Preis nennen, wird er blass! Originalteile der Kupplung kommen auf ca. 350 Euro komplett, das Drucklager alleine ist natürlich viel billiger. Wenn dir einer einen wesentlich niedrigeren Preis nennt, hat er die Arbeiten wahrscheinlich noch nie gemacht. So jemanden würde ich dann eh nicht beauftragen. Zahnriemen ist dagegen eher einfach.
Spezialwerkzeug brauchts auch. Hier hab ich nun ein Problem: Ich bin grad nicht zuhause und kann deswegen meine Unterlagen nicht einsehen. Du bekommst aber von mir eine Liste mit den Teilenummern, unter denen die Werkzeuge für kleines Geld bei Lancia bestellt werden können. dazu würde ich zur Werksniederlassung in Frankfurt (Mainzer Landstrasse, Hausnummer so um 650) fahren. manche Händler stellen sich dämlich an, wenn man Werkzeuge will.
Zahnriemen:
Beim Zahnriemen brauchts einen Motorblockierer, den Blockierstift für die hydraulische Spannvorrichtung und einen Nockenwellendreher (meist unnötig, aber nett!) Alles Lancia. Weiterhin eine 41er Nuss mit sehr langer Verlängerung (ich hab eine mit so knapp einen Meter) und einen 3/8 Zoll Vierkant mit Hebel - gibt es in Ratschenkästen, Stangen mit einem entsprechenden verschiebbaren Vierkant drauf. Ein normaler Halbzoll mit Adapter auf 3/8 geht mangels Platz nicht.
- Auto aufbocken, rechtes Vorderrad ab, Radhausschalen raus.
- Kühlwasser ablassen, Schläuche Thermostat - Kühler und Thermostat - Ausgelichbehälter entfernen, Riemenscheibe Wasserpumpe abschrauben.
- Stecker von den Fühlern am Thermostatgehäuse abziehen.
- Alle Teile der Zahnriemenabdeckung abnehmen
- alle Teile von Luftfilterdeckel bis zum Ansaugkasten ausbauen, aber Drosselklappengehäuse verbleibt im Auto.
- Zündkerzenkabel abziehen und Kerzen rausdrehen (weil man so den Motor leichter durchdrehen kann)
- beide Ventildeckel abnehmen. Für den hinteren muss dazu das Ansaurohr des 4.ten Zylinders abgeschraubt werden. Vorsicht, dass dir die 5er Imbusschrauben nicht ins V oder gar in den Ansaugkanal fallen! Ich benutze immer eine Verlängerung mit 5er Imbusnuss, lockere beide Schrauben soweit, dass ich das Ansaurohr anheben kann und löse dann erst die Schrauben vollständig. So bleiben sie sicher im Flansch des Ansaugrohrs.
- Motor mit Hilfe der Nockenwellenmarken auf OT 1. Zylinder stellen (Wichtig!)
- Abdeckblech des Schwungrads abschrauben, Motor mittels Motorblockierer blockieren
- Poly - V - Riemen (Lima, Kompressor, Wapu, Servolenkung) abnehmen. Servolenkungspumpe datzu lockern bzw. die automatische Spannvorrichtung des grossen Riemens mittels Hebel mit 3/8 Zoll- Vierkant wegdrücken.
- Verstemmung der grossen Kurbelwellenmutter wegschlagen (neue Mutter sollte man gekauft haben!)
- Mutter (M41er Nuss- sehr lange Verlängerung, möglichst 3/4 Zoll) aufschrauben, Hat mehr als 240 Nm Anzugsmoment! Mutter und Riemenscheibe abnehmen
- Zahnriemenspanner lockern, mit Blockierstift festsetzen. Riemen abnehmen
- neuen Riemen auflegen, das geht nicht immer im ersten Anlauf, nicht die Geduld verlieren!
Kurbelwellenscheibe wieder aufbringen (nicht festknallen!), Motorblockierer entfernen und Maschine 2 Umdrehungen in Laufrichtung durchdrehen. Sitz der Zahnriemen jetzt mittig auf allen Zahnrädern? Gut! Sonst nochmal justieren. Nockenwellenmarkierungen wieder auf fluchten bringen und die OT-Markierungen am Schwungrad bzw. Kurbelwellenscheibe prüfen.
- Motorblockierer wieder anbringen, Mutter der Kurbelwellenscheibe anziehen und verstemmen.
Rest wieder rückwärts zusammenbauen etc. Hört sich schlimmer an als es ist!
Kupplung:
Für die Kupplung benötigst du einen Drucklager-Austreiber , weil der Wagen anstatt einer durch Druck betätigten Kupplung eine mit Zugbetätigung hat. Ohne das Werkzeug bekommst du nach Abbau des Getriebes dieses noch nicht mal mehr dran. Und einen Kupplungszentrierbolzen. Aber das ist ja eher normal. Beides gibts preiswert bei Lancia. Ein Satz guter, nicht ausgeleierter 13er Ringschlüssel (wenig oder nicht gekröpft) ist für Arbeiten hinter dem Motor unerlässlich! Ganz wichtig ist eine 13er Nuss 1/4 Zoll mit entsprechenden Verlängerungen. 8er Imbusnuss, lange 6er Imbusnuss braucht man auch, ebenso eine 10er (?, das weiss ich jetzt nicht genau) für das Ablassen des Getriebeöls. Einen stabilen Montierhebel, Pappe, kleinen Stangenwagenheber zum Unterstellen, zwei Rangierwagenheber oder einen Flaschenzug bzw. Werkstattkran. Spurstangen-Abdrücker. Seegerring-Zange abgewinkelt. Clickschellen-Zange. Kupferpaste. Fett. Stabile Böcke zum unterstellen, so hoch, dass man sich bequem drunterlegen kann.
Die Arbeit ist heftig. Sieh zwei Tage vor! Alle Postionen mit (U) müssen von unter dem Fahrzeug ausgeführt werden.
- aufbocken, beide Vorderräder ab, Radhausschalen rechts /links ausbauen
- Batterie ausbauen
- LMM , Leitung zu Drosselklappengehäuse ausbauen (Clickschellen-Zange), dieses losschrauben
- verschiedene Schläuche (Servo, Kurbelgehäuse-Entlüftung, Leerlaufsteller,
Kraftstoffdruck-Regelung, Kraftstoffdampf-Rückhaltesystem) lösen oder ausbauen, Steckverbinder an Drosselklappe und Leerlaufsteller trennen.
- Luftsammler ausbauen (clickschellen-Zange)
- ABS-Steuergerät lösen, aus der Halterung drücken und festmachen, Batteriekonsole ausbauen
- Kabelbaum Motorraum links lösen
- Spurstange links vom Achsschenkel lösen (Spurstangen-Abzieher). Linke Antriebswelle vom Differentialausgang trennen, linken Bremssattel lösen, seitlich im Radhaus mit Draht befestigen, Leitung Raddrehsensor (ABS) trennen. Federbein vom Querlenker /Federbeindom lösen, samt Antriebswelle ausbauen und zur Seite stellen. Lass um Himmels willen die zentrale Mutter ober zu!
- Getriebeöl ablassen (U)
- rechte Antriebswelle am Gelenk von Zwischenwelle trennen, Zwischenwellenlager lösen, Welle zur rechten Fahrzeugseite schieben (tricky!, geht nur beim richtigen Lenkungseinschlag - dafür spart man sich das Lösen des rechten Federbeins, wie es das Werkstatthandbuch vorschreibt) bis das Sperrdifferenzial frei ist. teils (U)
- Sperrdifferential ausbauen, d.h. mit Montiereisen am Kragen zum Differenzial abhebeln, Pappe unterlegen, weil es immer "abstürzt". (U)
- vorderes/hinteres Flammrohr ausbauen, Katalysator dabei mit zwei Schrauben am Haltebügel fixieren (U)
- Schwungradabdeckung ausbauen (U)
- hinteren Auspuffkrümmer inklusive Hitzeschild ausbauen (U)
- Anlasser ausbauen, dazu brauchts die 13er Nuss samt Verlängerungen, weil die dritte Anlasserschraube nicht anders zu erreichen ist. (U)
- Getriebe vom Hilfrahmen lösen, dabei nur die Schrauben Lager/Hilfsrahmen ausschrauben!
- oberes Motorreaktionslager ausbauen (die Druckstange zum rechten Federbeindom)
- Schaltgestänge/Gegendruckstange lösen, Rückwärtsgangsperre lösen, Kupplungs-Nehmerzylinder abbauen (Seegerring-Zange), diverse Stecker am Getriebe lösen. Vorsicht, dass der Kolben des Nehmerzylinders nicht herausrutscht. Teils (U)
- Massekabel vom Getriebe trennen, Zündspulenmodul ausbauen (nicht unbedingt nötig, aber es hilft)
- Motor mit Kran/Haltebrücke oder untergestelltem Heber halten und leicht anheben
- Motor-Getriebe-Verschraubung lösen, Getriebe abstützen oder anhängen, damit sein gewicht nicht auf der Antriebswelle ruht. Diese könnte verbogen werden. Getriebe ins linke Radhaus ziehen, kann aber im Auto verbleiben. Eine Schraube Getriebe/Motor (U)
- Kupplungsdruckplatte abschrauben und Kupplungszuglager mit Werkzeug aus der Druckplatte ausschlagen. dazu Druckplatte mit der Seite, an der sich das Drucklager befindet, auf zwei Holzklötze legen, das Werkzeug mittig ansetzen und dann brauchts nur einen kräfigen Hammerschlag.
- Kupplungsscheibe auf Zentrierbolzen stecken und an das Schwungrad halten, Druckplatte ansetzen und fixieren, bis die Scheibe gut eingeklemmt ist. Auf gleichmässigen Anzug (keinesfalls eine Schraube ganz fest und die andern noch locker!) achten und über Kreuz mit dem richtigen Drehmoment anziehen. Zentrierbolzen entfernen
- Drucklager auf den Ausrückhebel in der Kupplungsglocke stecken und ganz in Richtung Getriebe drücken. Innenverzahnung der Reibscheibe, Aussenverzahnung der Getriebewelle hinreichend fetten (Lithiumverseiftes Fett z.B. ist ok)
So und jetzt wirds bastelig, wenn man keinen Werkstattkran oder Flaschenzug hat!
- Getriebe an den Motor heranfahren, Getriebewelle in die Kupplung einfädeln. Man sieht nichts! Dabei um Gottes Willen keine Gewalt anwenden, wenn das Getriebe nicht von alleine an den Motorblock heranrutscht, dann geht die Wellenverzahnung nicht in die Scheibenverzahnung, weil es verkantet zum Block steht. Genau das macht die Sache so schwierig, wenn man mit Werkstattwagenhebern arbeiten will, weil das Getriebe keinen glatten Boden hat. Verkantet man und versuchts mit roher Gewalt, dann ist das motorseitige Lager der Gietriebeantriebswelle in grosser Gefahr und auch die Kupplung kann beschädigt werden. Die ganze Zeit darauf achten, dass der Ausrückhebel mit dem Drucklager seine Position nicht ändert!
- Getriebe am Motor anschrauben. Drehmoment beachten, die Gewinde sind im Alu des Blocks! Also keinesfalls versuchen, das Getriebe mit Hilfe der Schrauben an den Motorblock heranzuziehen.
- wenn das Getriebe richtig sitzt und angeschraubt ist, den Ausrückhebel packen und kräftig vom Motor weg ziehen bis man merkt, dass das Kupplungsdrucklager wieder in der Druckplatte eingerastet ist.
- Tricky ist jetzt noch der hintere Auspuffkrümmer. Der geht manchmal nur schwer über die Stehbolzen. Die Einzeldichtungen der Anschlüsse an den Zylinderkopf müssen mit Kupferpaste angeklebt werden, weil es nur einen oberen, aber keinen unteren Stehbolzen gibt. Ohne Ankleben drehen die Dichtungen sich weg, weil sie einfach der Schwerkraft folgen. Wenn man den Krümmer (von unter dem Fahrzeug) hereinhebt, muss das Hitzeschild mit Draht am Krümmer angebunden sein, weil man es sonst kaum noch hineinbekommt, es aber lebenswichtig für den Anlasser ist. Dreh bloss keine Schraube vom Krümmer rund oder reisse eine gar ab, dann darf der Zylinderkopf raus. Also nur gutes Werkzeug verwenden! Ich nehme Metrinch-Nüsse, damit sind rundgedrehte Muttern/Schraubenköpfe Vergangenheit.
So, und dann schrauben wir alles andere auch wieder zusammen!
Getriebeöl nicht vergessen! Einfüllen geht am besten mit einem Schlauch durch den Anschluss der Rückwärtsgang-Sperre. 2 Liter!
Hoffentlich hab ich nichts vergessen, das war aus dem Gedächtnis. Wenn du weitere Fragen hast, frag!
Ob du dich rantraust, ist natürlich ganz allein deine Entscheidung.
Gruss
Rolf
Wie gesagt, ich such dir gerne die Bestellnummern der Lancia-Werkzeuge raus, wenn du das möchtest.