Marchionne in Rom

Hier können Lancisti auch über andere Sachen als Lancia reden.
Thomas Herbsthofer
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Marchionne in Rom

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Laut http://orf.at/stories/2337920/2337921/ hat Marchionne heute in Rom bei Premier Renzi wieder einmal Hoffnungen geschürt.

Ich habe gestern einen Fiat- Alfa- Jeep- Lancianurmehrservice Händler besucht, mir den Tipo als Limousine angesehen und ein wenig geplaudert: Dieser Händler verliert alle seiner zahlreichen Firmen - Alfa 159 Leasingrückläufer Kunden an andere Marken, ausser Giulietta und einem Mito tut sich ja nichts im Alfa Teil in seinem Schauraum. Er hat seit Erscheinen gerade einmal 2 Alfa 4C verkauft und seitdem der Preis für den 4C von 55.000 auf 77.000 Euro hinaufgeschnalzt wurde gibt es keine Anfrage mehr. Auch die meisten ehemaligen Lancia Kunden verlaufen sich zu anderen Herstellern, nur wenige nehmen einen Fiat.

Das Auftauchen der Giulia in den österreichischen Verkaufsräumen hat sich angeblich Richtung Juli 2016 verschoben, gute Idee denn da sind viele auf Urlaub. Und Firmenwagen - Österreich ist halt ein Kombiland, da wird die Giulia als Limousine nicht punkten können.

Um Alfa behalten zu können muss der Händler 200.000 Euro in einen Alfa Schauraum für 8 Autos investieren - was soll er da reinstellen? Alfa 4C sinnlos, also derzeit: 4 verschiedenfarbige Mitos und 4 verschiedenfarbige Giuliettas?

Tut mir leid, Marchionne mag ein hervorragender Finanzstratege sein, aber von Autos hat er zu wenig Ahnung für den Posten den er - mehr oder weniger geschmacksbefreit - bekleidet, die 400.000 Fahrzeuge bis 2018 verkauft er nicht, dazu hat Alfa zu lange keine neuen Modelle gebracht und ist aus der Wahrnehmung der potentiellen Käufer verschwunden.

Zum Relaunch ist eine Limousine zu wenig, da hätte es parallel sofort einen Kombi gebraucht
Delta LX
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Re: Marchionne in Rom

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Zum orf.at Artikel: «… Fiat-Gründer Gianni Agnelli …» - Dieser Recherche-Schnitzer zieht schon beinahe den ganzen Beitrag in Misskredit.
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LCV
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Re: Marchionne in Rom

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Ist wohl eher ein Formulierungsfehler:

... der zusammen mit FCA-Präsident und Enkel von Fiat-Gründer Gianni Agnelli, John Elkann und ...

richtig:

... der zusammen mit FCA-Präsident Gianni Agnelli (Enkel des Fiat-Gründers Giovanni Agnelli sr.), John Elkann und ...

Aber solche Spitzfindigkeiten sind doch unbedeutend. Was dann wirklich von FCA umgesetzt wird
und welchen Erfolg man haben wird, muss man einfach abwarten.

Was der Alfa-Händler in Wien für die Zukunft planen muss und kann, steht auf einem anderen Blatt. Da werden immer nur Investitionen gefordert, aber womit er dann diese Kosten hereinholen soll, sagt ihm keiner. Das ist aber inzwischen bei vielen Herstellern so, weshalb gerade die engagierten kleineren Betriebe das Handtuch werfen, während sehr große Mehrmarkenhändler sich das Geschäft/den Markt unter den Nagel reißen. Hier läuft so etwas ähnliches ab wie damals zwischen Supermarktketten und "Tante-Emma-Läden".
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evo16v
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Re: Marchionne in Rom

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Die krawattentragenden Strategiegenies frisch von der Uni in der Marketingabteilungen aller Hersteller sehen die Zukunft in solchen Dealern wie Denzel, 18 Marken von Dacia bis McLaren in einem Haus, ist doch toll, da läuft dann Alfa eben auch noch mit, weil's eh schon wurscht ist.
Thomas Herbsthofer
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Re: Marchionne in Rom

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Falls Alfa überhaupt noch eine Chance hat mitzulaufen, es ist Aufgrund der langen Zeit ohne neuer Modelle zu viel an Käuferpotential an andere Marken verloren gegangen. Der Mito kam 2008, die Giulietta 2010. Der 4C ist kein Geldverdiener. Und dem 159 fehlt seit Produktionseinstellung 2011 ein Nachfolger
Die Giulia nur als Limousine ist jetzt nicht diese ultimative Erscheinung die Fremdmarkenfahrer ins italienische Lager holen wird und Leasing Alfa 159 Sportwagon Fahrer bei der Stange halten kann.
lanciadelta64
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Re: Marchionne in Rom

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Glaubst du wirklich, dass die ein paar 159er SW-Fahrer nun wirklich für Alfa die "Rettung" wären?

Fakt ist, der Stationwagon-Markt schrumpft immer mehr und Fakt ist, wie du es ja so trefflich geschrieben hast, es ist zu viel Zeit vergangen. Daher war von Anfang an die Giulia so konzipiert, nicht unbedingt in Europa "Rekordergebnisse" zu erzielen, eben weil das nicht möglich ist, egal ob mit oder ohne SW. Das spielt dabei kaum eine Rolle.

Daher hat SM andere Märkte in den Augen und dort sind Kombis nahezu unverkäuflich. Also ist es nur verständlich, dass man zuerst einmal versucht, das Modell auf dem Markt zu stellen, von dem man sich den größten Erfolg erhofft, ergo die Limousine.

Wenn ja, wie du meinst, so viele Leute einen 159er SW gehabt hätten, die jetzt "voller Schmerz" zu "Fremdprodukten" rennen müssen, frage ich mich, wieso gerade der 159er eines der größeren Flops mit riesigen Verlusten für die FIAT-Gruppe gewesen ist?

Also steht doch außer Frage, dass man in erster Linie einen "anderen" Kundenkreis suchen muss, so oder so.

SM war heute bei Renzi, wie es nun einmal in Italien Tradition ist und zwei Quadrifolgio gingen direkt an die Carabinieri für "besonderen" Einsatz (beispielsweise für Organtransporte etc.). Gleichzeitig gehen 800 Giulias in den "staatlichen" Dienst (Carabinieri)

http://www.quattroruote.it/news/novita/ ... nieri.html

http://www.alvolante.it/news/l-alfa-rom ... eri-346630

http://video.repubblica.it/economia-e-f ... 306/238163

http://video.repubblica.it/motori/matta ... 363/238220

http://video.repubblica.it/politica/ren ... 8176?video

Man kann über Fehlplanungen, falsche Einschätzungen, zu hohe Zielsetzungen und Strategiefehlern diskutieren und sicherlich ist vieles nicht rund gelaufen. Umgekehrt sollte man niemals vergessen, dass FAG (Vorgänger von FCA) wie ein Schiff mit unendlich vielen Löchern war, wobei diese auf hoher See gestopft werden sollten und zu allem Überfluss auch noch ein Unwetter nach dem anderen kam. Am Anfang bekam FAG keinen Kredit mehr, bekam Teile nur gegen "Vorkasse" etc.

Das heißt, man musste mit dem Geld "haushalten". Wenigstens hat man heuer eine Strategie - egal ob falsch oder richtig - aber zum ersten Mal seitdem Alfa zu FIAT gehört und eigentlich gleich die Jahrzehnte zuvor mit, versucht man ein Durchstarten und dabei ist es nicht einmal so interessant, ob nun 3, 5 oder 7 neue Modelle und/oder wie diese berechnet werden, als vielmehr, dass man "kapiert" hat, dass man einer Marke mehr Eigenständigkeit zustehen muss.

Viele Jahre war Alfa eigentlich "FIAT" mit ein paar PS mehr, wobei diese oft nur auf dem Papier standen und dann kam GM ins Spiel, ergo verpasste man "fragwürdige" GM-Teile, die teilweise auch noch Schrott waren und weil der Faktor Kosten eine Rolle spielte, stanzte man gleich den Busso-V6 ein, um einen Holden-V6, den in Europa eh nur Insider kannten, dass es so eine Marke gäbe.

Jetzt -endlich - arbeitet man mit neuen Plattformen, die nicht direkt von FIAT-Auto kommen, mit Motoren, die nicht alle bei FIAT zum Einsatz kommen und leistungsmäßig endlich so, wie man sich immer einen Alfa gewünscht hätte.

Hinzu kommt noch ein SUV und gut ist.

Ob das am Ende alles zu spät gekommen ist oder nicht, kann und will ich nicht beurteilen, eben weil es in der Autobranche extrem schwierig ist, Vorhersagen zu wagen, aber eins ist sicher, bei aller Kritik an Marchionne - und ich kritisiere ihn laufend - ist es im Endeffekt Marchionnes Verdienst, dass es in Italien überhaupt ein Wirtschaftswachstum gibt.

Es ist die Autoindustrie, die nun zieht und sollte Alfa halbwegs die Giulia verkauft bekommen, wird das auch auf die Gesamtwirtschaft Auswirkungen haben, wie es auch schon Renegade und 500x hatten.
evo16v
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Re: Marchionne in Rom

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(tu)(tu)
evo16v
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Re: Marchionne in Rom

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Der Gesamtmarkt in Österreich lag 2015 bei 308.000 Einheiten.
Wenn man jetzt hypothetisch annimmt, daß Alfa ohne Giulia SW einen Marktanteil von 0,5% schafft und ihn mit SW glatt verdoppeln könnte (was sicher schon sehr optimistisch ist) dann sprechen wir da in absoluten Zahlen über 1500 Autos dafür soll sich ernsthaft eine weitere Variante rechnen? Scherz oder?
Denn so siehts doch im Prinzip in allen europäischen Märkten aus. Italien großer Heimatmarkt, ja, aber D-Segment in Absolutzahlen unbedeutend.
Deutschland hohe Absolutzahlen für D-Segment und als Kombiland auch potenziell hohe D-SW Stückzahlen, aber Alfa in D --> hoffnungslos.
Der einzige andere große europäische Markt mit einem großen D-Segment auch in Absolutstückzahlen ist GB, aber Engländer kaufen in dieser Klasse auch keine Kombis, also auch wieder Fehlanzeige.
Und USA und China zusammen haben ein Absatzvolumen von 35Mio Einheiten, starkes D-Segment aber Kombi unverkäuflich. Deshalb macht ein SW bei Alfa oder auch Jaguar einfach keinen Sinn, er rechnet sich mit den paar europäischen Autos einfach nie und nimmer. Anstatt für ein paar europäische Käufer einen Kombi zu entwicklen, stellt man jedem US-Hädler ein paar Berlinas mehr auf den Hof, hat man die gleichen Stückzahlen erreicht. So ist das nun mal leider in einem globalen Markt, Europa spielt einfach in vielen Fahrzeugsegmente keine Rolle mehr. Da kann man sich drüber ärgern, ich tu' mich dapersönlich auch immer wieder schwer damit, aber es ist einfach eine Tatsache an der man in dieser Industrie nicht mehr vorbei kommt.
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LCV
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Re: Marchionne in Rom

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Deutschland hat sehr wohl noch einen größeren Markt für Kombis, aber den teilen sich die auf diesem Gebiet etablierten Firmen auf, nämlich VW, Ford, Opel in den unteren Rängen, Volvo, Audi, BMW und Mercedes. Dazu kommen noch ein paar asiatische und französische Autos. Wenn dann Außenseiter wie Jaguar plötzlich von ihrer markentypischen Linie abweichen und Kombis, womöglich auch noch als Diesel, anbieten, dann funktioniert das nicht. Alfa ist nun auch nicht gerade der typische Kombianbieter. Der 156 ist aber hier bei uns ganz gut gegangen. Vom Lybra hätte man eigentlich nur den SW anbieten müssen, denn das Stufenheck sah man nur ganz selten. Allerdings haben Lancia und Alfa den Fehler gemacht, ihre Kombis auf "Lifestyle" zu trimmen. Schon der Wechsel vom Thema SW zum Kappa SW hat viele Thema-Fahrer zur Konkurrenz getrieben. Den Thema hatten vor allem Geschäftsleute gekauft, die nicht mit dem üblichen Passat Variant herumgurken wollten. Ein 3er Touring war nun auch kein Raumwunder und die diversen anderen Angebote vom Raumangebot her unterlegen. Dass Kombis nicht mehr so stark gehen, liegt in erster Linie daran, dass die Marketingleute dem Volk einreden, man müsse SUV fahren. Dabei sind die einem echten Kombi unterlegen. Wer nämlich noch mehr Platz braucht, ist dann eher mit einem Van richtig bedient. Hätten Lancia und Alfa außerhalb Italiens für entsprechendes Marketing gesorgt, hätten sie auch einen besseren Marktanteil und könnten auch mit SW-Versionen nennenswerte Stückzahlen erreichen. Aber ein SW sollte ausreichen, dass eine junge Familie das Urlaubsgepäck samt Kinderwagen unterbringt. Wenn ich nur meine Ausrüstung zum Tennisclub transportieren muss, reicht ein Z4 Cabrio.

Irgendwie sind die Autohersteller selbst an der Entwicklung schuld, wobei es sich VW und ABM leisten können, von jeder Baureihe beliebig viele Varianten anzubieten. Dadurch wird es für Außenseiter noch schwerer. Ich könnte verstehen, wenn man Alfa auch total abziehen würde und sich auf die Märkte konzentriert, wo der Konkurrenzdruck schwächer ist.

Übrigens: In Deutschland wurden (Jan.-März 16) 791.424 Autos neu zugelassen, von Alfa allein aber nur 747 Stück. Ob man nun Eigenzulassungen abzieht, es ändert kaum etwas am Verhältnis. Marktanteil 0,1 %. Ob die Giulia daran wesentlich etwas ändern kann, muss man Ende des Jahres sehen. Zunächst werden ja größere Mengen auf Händler zugelassen, damit man Vorführwagen hat. Die bringen aber kaum einen Gewinn, weil man sie später deutlich billiger verkaufen muss.
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lanciadelta64
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Re: Marchionne in Rom

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Mir kommen beinahe die "Tränen der Freude", wieder bei den Carabinieri Alfas zu sehen, nachdem ich mich so lange über die BMWs, Toyotas, Audis im Staatsdienst geärgert habe:

http://www.quattroruote.it/news/curiosi ... nieri.html

...und ich habe sie alle "kennengelernt"...

Alfas und Carabinieri, das gehörte irgendwie zusammen, weil es "immer" so war ;-)

Ich tue mich auch mit den veränderten Marktbedingungen schwer. Das Problem FCAs aber ist halt, dass man keinen Trend setzen kann, es würde NIEMALS akzeptiert, also muss man mit dem Markt übergehen. Wie viele haben hier immer wieder kritisiert, FIAT habe "keine" SUVs und hat man es geschafft, die Kunden umzubewegen? Nein!

Also muss man - leider - mit dem leben, wie es ist. FIAT hat viele Fehler in der Vergangenheit begangen, viele auch einfach der Situation geschuldet (Lira und Abwertung, die italienischen Marktbedingungen etc., ergo in der Wahrnehmung der italienische Markt als der Hauptmarkt und die anderen als "Nebenbrot", dann die südkoreanische Konkurrenz, die aus politischen Gründen - UND NUR POLITISCHE ;-) - eine Sonderbehandlung erfährt, ergo "bevorzugt" Zölle umgehen darf udn das legal, alles, was es früher nicht gab bzw. japanische Autos ja auch noch einer Handelsbeschränkung ausgesetzt waren).

Man hat es halt versäumt, als man auf dem Heimatmarkt Marktanteile zu verlieren begann(das war eines der ersten Sachen, aber lange hieß es, solange wir mehr oder weniger genauso viele Fahrzeuge verkauft bekommen bzw. lange sogar noch zugelegt hat, ist das ok), dann massiv auch an Stückzahlen, wenigstens das Auslandsgeschäft zu stärken.

Viel zu lange war es halt eine Art "Zubrot", angenehm sicherlich, aber eben nicht "lebensnotwendig".

Nun hat man das Dilemma, einerseits nicht mehr genügend Fahrzeuge in Italien verkauft zu bekommen, was allein das "Überleben" garantieren würde, andererseits ist es aber immer noch der wichtigste Markt, ohne aber in Resteuropa an Bedeutung gewonnen zu haben.

Heute befindet man sich in Europa in einer "toten" Zone, im Teufelskreislauf, denn ohne den einheimischen Markt geht gar nichts, aber außerhalb bekommt man auch nicht genügend Fahrzeuge verkauft, um Investitionen zu rechtfertigen, die auf diese Märkte ausgerichtet sind, vor allem, dass der italienische Markt wiederum komplett anders als der deutsche ist (leistungsschwache Motoren sind gefragt, vor allem mit "alternativen" Spritsorten, wie LPG oder Erdgas)....
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