PK Marchionnes in Genf

Hier können Lancisti auch über andere Sachen als Lancia reden.
lanciadelta64
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PK Marchionnes in Genf

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PK Marchionnes in Genf (zusammen mit Elkann):

Was bisher zu lesen ist (Zusammenfassung):
Was Apple macht, nimmt SM sehr ernst, weil er der Meinung ist, was Apple macht sollte man nicht unterschätzen und vor allem haben die genügend finanziellen Spielraum (es ging dabei um das „selbstfahrende“ Auto).
Er habe nie an Elektroautos als wichtigen Bestandteil von FCA geglaubt. Wir haben einen Elektro-500, der viele Vorzüge hat, aber auch viele Nachteile. Dagegen ist die Hybridtechnik unausweichlich. Die Fortschritte werden wir im nächsten Jahr in Detroit sehen, wenn wir einen „Plug-In-Hybrid“ als Van vorstellen werden. Es sei ein Fehler, seiner Meinung nach, dem Diesel die Basis allen Übels zu sehen. Was wir aber brauchen, sind steuerliche Vergünstigungen für Hybridfahrzeuge, um deren Verkauf zu fördern, weil die Produktionskosten doch sehr hoch seien und wir eine Möglichkeit finden müssen, um das Produkt dem Kunden zu nähern. Dennoch hat das jetzt keine Priorität.
Nach einer Reihe von negativen Quartalen haben endlich positive.

Wir sind bereit, mit beinahe allen zusammenzuarbeiten. Mit Martin Winterkorn tausche er sich häufiger aus. Sie sind gut und könnten durchaus ein guter Partner sein. Mercedes wäre es in gewisser Weise auch, aber es gibt auch Einschränkungen.

Der „Jobs Act“ (italienische Arbeitsmarktreform) war notwendig und hat viel dafür gesorgt, das industrielle System zu modernisieren. Mit Alfa haben wir eine wichtige Aufgabe vor uns. Es fehlen noch 4 Monate bis zu Vorstellung des neuen Alfas. Es ist nicht sicher, ob das Modell, dass als „Giulia“ durch die Medien geht, tatsächlich Giulia heißen wird. Man bereite gerade die Produktionsstätten vor und braucht dafür neue Mitarbeiter. Im Moment produziert man 3.000 Renegade pro Woche, weil es eine hohe Nachfrage gibt.

Zu Ferrari:
Man hat in nur vier Monaten eine hervorragende Arbeit geleistet. Ob man mit Red Bull und Mercedes mithalten kann, wird man erst auf der Rennstecke wissen. Ihm interessieren in erster Linie die Siege bei den Rennen.

Ferrari bleibt „italienisch“, aber die Holding wandert nach „Holland“ aus und wird an der Wall Street gehandelt.

Er finde es unfair, wenn man die Regeln ändern wolle, um den Vorsprung Mercedes (Rennsport) zu reduzieren. Er will keine Änderungen. Er will sie auf der Rennstrecke schlagen und es sei wichtiger, so zu arbeiten, um den technologischen Rückstand Ferraris zu verringern, um mit ihnen (Mercedes) auf Augenhöhe zu kämpfen.

Im Übrigen werde es keinen Ferrari SUV geben. Irgendwo gebe es ja Grenzen…
Dann kommt ein Teil über den italienischen Ministerpräsidenten und meint noch anfügend, der Ministerpräsident solle eines unserer Autos fahren und wir versuchen ihm eines zu verkaufen.
evo16v
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Re: PK Marchionnes in Genf

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Aber ansonsten lobt er Renzi ja schon sehr, die beiden scheinen einen Draht zu haben oder?
Oder zumindest sieht er ihn positiver wie vergangene Regierungschefs.
lanciadelta64
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Re: PK Marchionnes in Genf

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Das war ja eine "halbe" Liebeserklärung ;-). Er meinte, der "Spread" (Unterschied zwischen ital. und dt. Bonds) sei gesunken,die Arbeitslosigkeit und er habe Mut zu Veränderungen, also solle man ihn gefälligst in Ruhe arbeiten lassen. Dass SM und SB nicht gerade sich "heiß und innig" lieben ist ja bekannt. Andererseits hat Renzi ja auch im Endeffekt dem SM die Arbeitsmarktreform regelrecht auf dem Leib geschnitten ;-). Da ist es auch klar, dass sich SM brav bei Renzi "bedankt"...
evo16v
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Re: PK Marchionnes in Genf

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Ich denke mit Jobs act ist auch ein richtiger Weg begonnen, auch wenn es sicher im individuellen Fall natürlich schmerzen kann, aber diegrundsätzliche Idee paßt. Auch der floppende Streik neulich in Pomigliano zeigt, daß sich vielleicht doch langsam was bewegt in Italien. Die Flexibilität gegen die hätte gestreikt werden sollen, gehört heutzutage einfach dazu wenn man bestehen will. Natürlich darf das nicht nur einseitig zu Lasten der Mitarbeiter gehen, das Unternehmen muß sich im Gegenzug auch flexibel zeigen, aber Sonderschichten fahren wenn die Nachfrage gerade da ist anstatt dagegen zu streiken, das zeigt doch, daß man unter den Mitarbeitern zu verstehen beginnt, was dieErfordenisde im globalen Wettbewerb sind.
lanciadelta64
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Re: PK Marchionnes in Genf

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Nun wenn das Problem nur der Artikel 18 wäre, würde ich der CGiL recht geben, aber in Wirklichkeit gibt es weit "wichtigere" Dinge, wofür sich die Gewerkschaften einsetzen sollten und nicht, ob einer, der die "funktionierenden" Teile lieber woanders eingebaut hat, dafür dann entweder ein Loch in der Mittelkonsole gelassen (wie in Pomigliano schon passiert) oder ein nicht funktionierendes Teil verbaut. Am Ende war das reiner "Machtkampf", denn die wahren Kämpfe, die man kämpfen sollte, da fehlen dann die Gewerkschaften komplett.

Wie gesagt, der Artikel 18 wurde zur "Heiligen Kuh" und mag sie ursprünglich gut gemeint gewesen sein, so ist heute Italien keine "einsame" Insel isoliert vom Rest der Welt und bestimmt auch nicht die Spielregeln, also muss man sich den geltenden Spielregeln anpassen und wenn "alle" Flexibilität fordern, kannst du nicht dich auf einmal davon abkoppeln.

Aber in Italien hat das geschichtliche Hintergründe, vor allem auf "politische", denn es durfte hier ja bis zum Fall der Berliner Mauer keinen politischen "Wechsel" geben, ergo wurde daraus ein Machtkampf in den Fabriken und dieser Artikel ist ein Überbleibsel dieser Zeit, teilweise völlig hirnrissig. Es geht da oft mehr ums Prinzip denn wirklich weil es fundamental ist.

Mein Ex-"Schwager" war (ist?) Manager bei Ford in Köln gewesen und er erzählte mir eine Anekdote, als er einmal in Turin war (damals arbeitete FIAT mit Ford enger zusammen). Draußen regnete es stark und die Autos standen draußen mit offenen Fenstern. Er, der ja nicht für FIAT arbeitete, wollte instinktiv die Scheiben schließen und forderte die anderen auf, das Gleiche zu tun, doch er bekam zu seiner Verwunderung nur zu hören, "wir werden nicht fürs Nasswerden bezahlt"...

Wie gesagt, man muss sich mit der Geschichte näher beschäftigen, denn einerseits haben die Gewerkschaften auch Recht, denn die Agnellis haben so ziemlich jeden übers Ohr gehauen und sich an keine Abmachungen gehalten und die Schließung Chivassos bzw. wie das alles abgewickelt wurde, ist für mich noch heute ein Rätsel, wie es kein juristisches Nachspiel haben konnte, was da abgegangen ist. Andererseits hat der Artikel 18 dazu geführt, dass man Leute im Betrieb hatte, die man nicht loswerden konnte, obwohl sie eher auf Sabotage aus waren. Der Artikel wurde ad absurdum geführt, nämlich am Ende wurden die "falschen" Leute geschützt.

SM ist ein "Vollpfosten", wenn es darum geht, wie er etwas verkauft, aber im Endeffekt hat etwas zurückgegeben, was eigentlich längst Vergangenheit war. Lassen wir die Sache mit Lancia beiseite, aber heuer werden hochwertigere Fahrzeuge in Italien gebaut. Der Panda wurde von Polen zurückgeholt, in Melfi laufen scheinbar sehr erfolgreich der Jeep und 500x vom Band, Grugliasco baut Maserati, die Alfas sollen komplett in Italien entstehen, Maserati und Ferrari sowieso.

2004 wäre davon nicht einmal zu träumen gewesen, dass es sich in diese Richtung entwickeln würde. Und wie gut es war, in Pomigliano einen Schlussstrich zu ziehen, sieht man daran, dass die Pandas sehr gut zusammengebaut werden. Wenn man bedenkt, was für Alfas die zuvor ausgeliefert haben, ist das beinahe nicht zu glauben. Aber im Prinzip alle herausgeworfen und dann punktuell die Leute wieder aufgenommen.

Anders ausgedrückt, Marchionne hat den "Standort" Italien gesichert. Bei aller Kritik, die sicherlich berechtigt ist - und ich bin einer von denen, die ihn heftig kritisieren - ist das etwas, was man nicht vergessen darf.

Der Jobs Act war notwendig, denn im Prinzip waren wir auf die 1980er Jahre stehen geblieben. Dass im Pomigliano nicht gestreikt wurde, ist verständlich, denn scheinbar wurden nur Leute eingestellt, die ernsthaft an den Job interessiert waren und den Panda dorthin zu bringen, sichert denen den Job für einige Jahre. Es war eine politische Entscheidung von SM, denn ökonomisch gesehen wäre man mit Tychy besser drangewesen.
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