Hallo Ingo,
zuerst einmal hoffe ich sehr, dass ich mich irre und du recht behältst

, denn das hieße, dass Lancia vielleicht intern einige mehr an Lancia glauben werden, als sie es jetzt tun.
Aber leider haben sich bisher meine schlimmsten Befürchtungen nicht nur bewahrheitet, ja die Wirklichkeit ist noch wesentlich dramatischer – vielleicht auch wegen der Krise, bleibt man noch hinter meiner Prognose.
Was aber besorgniserregend ist, ist nicht die Tatsache, dass man mit völlig unrealistischen Zahlen gearbeitet hat, nicht, dass das Cabrio mit nur einem und mindestens diskussionswürdigen Motor an den Start geht, nicht, dass der Thema und auch Voyager hinter den Erwartungen bleiben, sondern die Äußerungen, die aus Turin kommen und die vermuten lassen, dass man bewusst mit solchen unsinnigen Zahlen operiert hat, um einen Grund zu haben, um NICHT in Lancia zu investieren.
Laut
http://fiatchryslerblog.blogspot.it/201 ... icane.html wurden nicht in Italien im Jahr 2012 beinahe 350 Voyager und außerhalb weniger als 1.000 verkauft. Beim Thema sieht es noch düsterer aus, nämlich in Italien rund 210, im Rest Europas rund 270.
Das bedeutet, in den ersten fünf Monaten rund 1.350 Voyager und nicht einmal 500 Themas. Ich weiß jetzt nicht, ob hier die Zahlen der Modelle, die in Europa, wie UK, als Chrysler laufen, eingerechnet wurden, aber wenn du die Zahlen hoch rechnest, wirst du sehen, dass man auf nicht einmal 1.200 Lancia Themas kommst (über 3.000 Voyager), wovon auf Italien so um die 500 entfallen (BMW verkauft in Italien allein im letzten Monat beinahe 600 Fahrzeuge der 5er Serie, also in einem Monat mehr als Lancia vom Thema in einem ganzen Jahr und das auf dem „Heimatmarkt“, dem wichtigsten für Lancia).
Damit liegt man sogar unter den Verkaufszahlen des „Jahrhundertflops“ für Lancia, dem Thesis (der Lybra war dagegen schon beinahe eine „Erfolgsstory“) und in diesen „verkauften“ Fahrzeugen sind viele eingerechnet, die als „Dienstfahrzeug“ der FIAT-Gruppe im Einsatz sind, oder Tageszulassungen, weil die Händler diese Fahrzeuge sonst nicht an den Mann bringen können zuzüglich der „Geschenke“ an Prominente oder den Fahrzeugen, die bei irgendeinem Filmfestspiel im Einsatz sind. Was dann an wirklich verkauften Fahrzeugen übrig bleibt, ist beinahe schon lächerlich.
Aber selbst wenn wir uns vorstellen, „Kleinvieh macht auch Mist“ und besser „ein verkaufter Thema als gar keiner“, wird die Sache umso dramatischer, wenn du dir vorstellst, dass Marchionne als Ziel rund 10.000 Themas und 11.000 Voyager, wohlgemerkt in einem Jahr, ausgegeben hat. Allein in Italien wollte man 13.000!!!!!!!!!!! Fahrzeuge vom Voyager und Thema verkaufen (nicht einmal A6 und 5er BMW kommen zusammen auf diese Zahl in Italien) und letztens diese Diskrepanz zwischen (in meinen Augen völlig irrationalen Zielsetzungen) Zielsetzung und tatsächlichen Verkaufszahlen als Grund angegeben hat, dass er wenig Lust verspüre, in Zukunft in Lancia nur einen Euro zu investieren.
Wenn das so ist, was wird passieren, wenn die Ziele für das Cabrio, die in meinen Augen so oder so verfehlt werden? Dann dürfte man auch das als einen weiteren Grund ansehen, Lancia komplett sich selbst zu überlassen, anders ausgedrückt, als „Autobianchi“ der 80er Jahre zu werden, als Autobianchi nur in Italien mit dem Y10 am Start war, während man sonst das Fahrzeug, wie in Deutschland, als Lancia verkaufte.
Das ist es, was mir Sorgen macht, nicht ob man nun einen Diesel im Cabrio braucht oder nicht, nicht, ob man nun einen 2 Liter-Diesel für den New Thema im Programm hätte, der sich sicherlich in Italien besser verkaufen ließe, sondern dass man von Anfang an mit deutlich überzogenen Zielsetzungen gearbeitet hat, die in meinen Augen nie hätten realisiert werden können und nun kommt und sagt „he, die verkaufen sich nicht, ergo nix Investitionen für Lancia“. Dabei verkauft sich der New Ypsilon in Italien hervorragend, der Musa führt die Liste der Mini-Vans in Italien an und insgesamt war der Delta in Italien auch nicht so katastrophal.
Wenn man so „ungeduldig“ tut, muss man annehmen, dass man schon lange einen Plan zum „Schlachten“ Lancias in den Schubladen hatte und der Verkauf der drei Ami-Lancias als ein Versuch anzusehen ist, ein paar Autos mehr zu verkaufen, weil man mit den Regierungen in den USA und Kanada Abmachungen hat, eine bestimmte Anzahl an Autos für den „Export“ zu haben.
Noch einmal, nicht die „geringen“ Stückzahlen von Thema und Voyager und die für das Cabrio zu erwartenden Verkaufszahlen sind für sich das Problem, sondern dass man diesen „schlechten“ Verkauf heranzieht, um Lancia dem Schicksal zu überlassen.
Genau das ist und war das Problem Lancias. VW hat rund 20 Jahre gebraucht, um aus Audi ein Label zu machen, das auf „Augenhöhe“, speziell in den unteren Segmenten – mit BMW und Mercedes steht. Lancia soll aber ohne Werbung, einer im Ausland nicht vorhandenen Marketingstrategie mit drei „Amerikanern“, die auch noch keine absoluten Neuentwicklungen sind, von jetzt auf gleich „große“ Erfolge feiern.
Dann, was mir auch Sorgen bereitet, dass man mit zu „hohen“ Kaufpreisen arbeitet, denn weder Thema – und ich prognostiziere ohne ein Wahrsager zu sein – noch Flavia werden diese Preise am Markt durchsetzen können.
Die Folge ist, dass viele Fahrzeuge als „Tageszulassungen“ enden werden, teilweise mit 30 und mehr % Abschlag. Was meinst du, wie das fürs Image für die gesamte Marke auswirkt? Das ist dann schon „Image schädigend“ .
Wie gesagt, ich hoffe, ich irre mich und du hast Recht, ich hoffe, dass man die drei „Amis“ nur dafür nutzt, um kurzfristig eine Lücke zu schließen und um Zeit zu gewinnen, Lancia als Brand zu etablieren und dass man einen „langen“ Atem hat, aber ich befürchte, dass genau das nicht der Fall sein wird. Nicht weil man Lancia mit Geduld, „Markenpflege“, mit richtigen Investitionen, nicht zum Erfolg bringen könnte, sondern weil vonseiten der FIAT-Führung überhaupt kein Interesse daran besteht.
Liebe Grüße
Bernardo