Importeur "Nr.1" klingt ja toll, aber wie hoch war denn da der Marktanteil der FIAT-Gruppe? In der Regel so zwischen 4 und 4,5%, oder?
Fakt ist, FIAT war außerhalb Italiens nie sonderlich stark und war früher noch abhängiger vom italienischen Markt, der praktisch "alle" Fahrzeuge absorbierte, sodass man bei Fahrzeugen wie den Uno den Markt außerhalb Italiens kaum beliefern konnte.
Der Niedergang FIATs begann nicht mit der "Verschlechterung" der Auslandsnachfrage, sondern mit den Verlusten in Italien. Diese Verluste hat man aber außerhalb Italiens nicht ausgleichen können und somit passierte genau das, was passiert ist. FIAT galt schon als "Fehler in allen Teilen" und "die rosten schon im Prospekt", da war ich ein Teenager und das ist schon sehr lange her.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass früher ein italienisches Auto das war, was heute Dacia ist. Italien hat in Punkto Export immer von der "schwachen Lira" profitiert, die Exporte billiger machte und Importe deutlich teurer. Damit konnte man "billig" Autos in Deutschland anbieten, zumal man kaum einen Konkurrenten hatte, der wirklich billiger war, vielleicht der eine oder andere Japaner noch, aber das war´s. Deutsche Autos waren dafür in Italien beinahe unerschwinglich und erlaubte FIAT, die Autos in Italien sehr teuer anzubieten, billiger als die deutsche Konkurrenz, aber immer noch sehr teuer. Daher hattest du dann auch preisliche Verzerrungen und Preise, die im Schnitt zwischen 30 und 50% über die in Deutschland lagen.
Das war die "Blütezeit" der FIAT-Gruppe. Die Gründe für den Niedergang aber liegt auch darin, dass die Agnellis in Form von Romiti den Automobilbereich "aufgegeben" hatten und lukrative Verdienste woanders sahen. Daraus wurde dann eine "Todesspirale" - ob nun gewollt oder ungewollt, lasse ich einmal dahin gestellt - nämlich immer weiter "zu sparen", was wiederum dazu führte, dass FIAT weniger Autos verkaufte usw. usw. usw.
Als SM - bei all den Fehlern, die auch er begangen hat, obwohl auch er am Ende ein "Befehlsempfänger" vom Agnelli-Clan ist - das Ruder übernahm, fehlte es an Entwicklung über beinahe einem Jahrzehnt, Tafelsilber wie dei CommonRail-Technik, hatte man an Bosch verkauft und den Rest von GM übernommen, was sicherlich nicht zu einer "Qualitätssteigerung" geführt hat. Wenn dann beim Ruf der FIAT-Gruppe, der Rating-Einstufung noch hinzukommt, dass du Geld zur Entwicklung neuer Produkte brauchst, verstehst du, wieso sehr viele Baustellen offen geblieben sind.
FIAT bekam von den Banken keinen Cent mehr, was ja auch mehr als verständlich war. Mit dem Hintergrund versuche einmal Autos zu entwickeln bzw. alle Entwicklungsrückstände aufzuholen. Dank der GM-Milliarden konnte FIAT ein paar Produkte vorantreiben. SM gab die Maxime heraus, jedes Modell muss sich selbst tragen und die Gewinne schaffen, um die nächste Generation zu sichern.
Das Problem aber war auch, dass die "alten" Produkte, wie Stilo tagtäglich Verluste einfuhren und der Croma zu einem riesigen Flop wurde, der der FIAT-Gruppe finanziell schwer geschadet hat, genauso der Lancia Thesis.
Also gab es die Strategie, Kooperationen einzugehen, ähnlich wie es die PSA-Gruppe macht. Dann kam die Finanzkrise und die Möglichkeit, mit Chrysler auf die Stückzahlen zu kommen, die ein Modell braucht, um gewinnbringend auf den Markt zu bringen, während vorher das eben nicht gegeben gewesen wäre (ich würde meinen Kopf verwetten, dass ein "Thema" made in Italy mit "italienischen" Genen sich kaum mehr verkauft hätte als das aktuelle Thema-Modell, aber es kommt dank des 300C auf die "magische" Zahl von 100.000 Fahrzeugen, die nach Aussage SM in dem Segment notwendig sind, um schwarze Zahlen zu schreiben.
Das alles erklärt diesen Zickzackkurs, auch weil von 2005 bis 08 eine bestimmte Strategie verfolgt wurde, wie es die PSA-Gruppe gemacht hat, aber 2008 mit der Übernahme bzw. Anteilsnahme an Chrysler komplett über den Haufen geworfen wurde.
FIAT ist eine Baustelle, das ist nichts Neues und im Prinzip ein Schiff, dass unendlich viele Löcher hat und auf hoher See repariert werden muss. Welches Loch nun dringender verschlossen werden muss, ist eine schwierige Frage und sicherlich wurden hier auch Fehler begangen, aber viele diese Fehler sind auch als Konsequenz der Altlasten zu verstehen, wie den Croma und den Versuch, ihn als "Bravo SW" zu verkaufen, was wohl ein Fehler war, allerdings dürfte es ja auch Verträge mit GM gegeben haben, die FIAT verpfichtete, eine bestimmte Anzahl an Motoren, Bodengruppen und Bauteile zu übernehmen, sodass man den Croma nicht auf einmal hätte aufgeben können, aber zusammen mit einem Bravo SW wahrscheinlich noch verlustreicher geworden wäre.