Nun was will Lancia an Kunden verlieren? Man braucht sich nur die Zulassungszahlen in Deutschland anzuschauen. Es gibt sehr viele, die zumindest in italienischen Foren den neuen Grill als "endlich anders" sehen, die froh sind, dass die Leisten endlich quer sind und nicht längs, weil man damit die Breite besser hervorhebt anstatt die Höhe. Also das dürfte in erster Linie das geringste Problem werden.
Das Hauptproblem war der Faktor Zeit und dann auch die Kostenfrage. Es lohnt sich absolut nicht, für 2 oder 3 Jahren noch einmal hohe Investitionskosten in ein veraltetes Projekt hereinzustecken und das gilt für 300C, Voyager wie auch 200er. Es sind Übergangslösungen und ich sehe im 300C wie Voyager weniger ein Problem. Man soll mir jetzt nicht kommen, dass so viele auf ein "E-Segment-Lancia" gewartet haben und der Thesis lehrt einen, dass hier die Luft für einen Italiener extrem dünn ist. Wenn ich das richtig gelesen habe, werden vom 300C im Schnitt rund 3000 Stück pro Jahr in Europa verkauft, also mehr oder weniger auf dem Level eines Thesis und ich bin mir sicher, selbst ein "Stück Gold" mit dem "Entwurf des Jahrtausends" würde hier kaum etwas ändern. Daher will man nicht so viel Geld in diesen 300C stecken, der für Europa unbedeutend, für Nordamerika aber von größerer Bedeutung ist.
Die entscheidende Frage wir sein, ob nun der 200er kommt oder nicht. Dort ist man uneins, denn der Sebring war ein Flop und egal, wie toll nun der Nachfolger sein wird, bleibt er für viele immer ein "Sebring".
Marchionne möchte ihn als "Flottenfahrzeug" haben, denn hier sieht es für die nächste Zeit für die Italiener weniger rosig aus, denn Croma und 159er, bisherige Flottenfahrzeuge in Italien, sind kaum noch an den Mann zu bringen, FIAT wird so schnell kein Fahrzeug des D-Segments mehr herausbringen und Alfa dürfte wohl nicht vor 2013 hier etwas vorstellen können.
Der 200 soll also eventuell diese Lücke schließen. Neuerdings machen auch Gerüchte die Runde, dass der 200er nicht als Lancia, sondern als FIAT herauskommen könnte, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass man Angst hat, das D-Segment für Lancia zu verbrennen.
Die Karten werden neu gemischt, wenn 300C, 200 und Voyager Nachfolger haben werden, Neukonstruktionen, die mit Sicherheit schon in der Entwicklungsphase sind. Es wird interessant werden, wenn man das C-Segment eindeutiger belegt, als man es mit dem Delta gemacht hat und hier wird man dann sehen, ob das Design nun ankommen wird oder nicht.
Fakt aber ist, dass von den Plattformen und den Motoren B, C und wohl auch D-Segment "italienisch" sein werden. Lediglich Van (war bisher eh französisch) und der Nachfolger des 300C werden auf einer "amerikanisch-deutschen" Plattform entstehen, der neuen E-/F-Segmentplattform, die mit dem neuen Grand Cherokee ihr Debüt feierte. Das Innendesign, da bin ich mir beinahe sicher, wird bei allen "Italienisch" werden und man sieht es schon bei den Restyling-Modellen, dass man versucht hat, hier mehr italienische Stilelemente einzubauen. Der "Baby-SUV" dürfte von Jeep kommen, der aber wiederum auf der Basis einer FIAT-Plattform entstehen dürfte
Das Außendesign wird natürlich wichtig werden, aber wir erinnern uns an das 200C-Conceptcar, das mit Sicherheit vom Stil her auch als Lancia durchgegangen wäre und auch in den USA vollzieht sich langsam aber sicher ein Wandel, denn Ford und GM werden "europäischer", ABM sind eh schon "europäisch" und selbst die Japaner mit Lexus beispielsweise richten sich mehr und mehr an europäische Geschmäcker.
Nun wünsche wir uns alle natürlich "eigenständige" Lancia-Modelle, aber ein wichtiger Punkt wird immer auch Chrysler-Insulaner (UK, IRL) sein, denn hier werden Lancias mit Chrysler-Logo verkauft. Es wäre wirklich verrückt, für UK ein eigenes Modell mit eigener Nase zu haben und für den Rest von Europa wieder ein anderes. Davon abgesehen, dass es ein kostspieliges Unterfangen wäre.
Man muss auch realistisch die Stückzahlen im Auge haben, nicht wie früher als man utopische Pläne hatte. Der Thesis hat rund 500 Mio. Entwicklungskosten verschlungen, die auf der Annahme basierten, man könne pro Jahr mindestens 20.000 Fahrzeuge absetzen, so viele wurden aber nicht einmal insgesamt erreicht.
Die Verkaufszahlen Lancias für sich (ohne Uk) dürften wohl auch in Zukunft nicht unwesentlich höher als heute sein, vielleicht, wenn alles gut gehen sollte, sind 150.000 verkaufte Fahrzeuge, wovon der Hauptanteil an New Ypsilon und dem neuen C-Segmentfahrzeug gehen dürften.
Was soll da also Spielraum für viel "Eigenständigkeit" sein?