Ciao Albert,
nun habe ich Chris Eigenironie verstanden, denn so arrogant ist er nicht
Ihr beide habt bezüglich "Unterschiede" und "Gemeinsamkeiten" Recht. Chris empfindet das viele "Gejammere" für übertrieben und ist wie ich der Meinung, am Ende ist das "Gesamtpaket" wichtig, das Endergebnis, der Rest ist etwas für "Technikfreaks", für "Historiker", aber für den "Otto-Normalverbraucher" nicht so wichtig.
Wir reden hier aber aneinander vorbei. Der Thesis war anders, aber wurde er ein Erfolg? Thema, Saab, Croma (und mit Abstrichen Alfa 164) waren sich mehr als nur ähnlich, aber es waren Erfolgsstorys und ich glaube das ist es, was Chris meint. Es ist unsinnig, jemanden für Tod zu erklären, bevor man überhaupt weiß, was nun kommt.
Ich bin Tipo, Tempra, Dedra und dann Lybra, Alfa 156er gefahren (Delta 2 leider nie) und natürlich gab es Ähnlichkeiten wie zwischen 156er oder Lybra, wie zwischen Tempra, Tipo oder Dedra, aber dennoch hatte jeder seinen eigenen Charakter.
Vielleicht bin ich zu dumm, aber für mich liefen auch Delta 1 - als Integrale oder auch nicht - wie ein typisches Fahrzeug der FIAT-Gruppe und ich sagte dir, zum Glück, denn sonst wären die für mich uninteressant gewesen.
GP und MiTo sind auch fast identisch und dennoch sieht der MiTo gegenüber einen Abarth "schlecht" aus, auch wenn du das nicht so laut sagen darfst.
Bravo und Delta teilen sich die Bodengruppe, aber um allein die 10 cm Verlängerung zu erzeugen, musstest du eine Menge tun, damit die Steifigkeit gewahrt blieb.
Ich bin Bravo und Delta gefahren und kann dir sagen, der Bravo ist bei gleicher Motorisierung etwas agiler, der Delta wiederum stabiler, weniger nervös und hält besser seine Spur (bei gleicher Bereifung)
Aber wir müssen auch ehrlich sein und akzeptieren, dass die Zeit der vielen wirklichen Marken vorbei ist. Mehr und mehr werden sich die Autos unterm Blechkleid ähnlich.
Die PSA-Gruppe überlebt als eigenständige Gruppe nur, weil man überall Kooperationen eingeht (wie es auch FIAT vorhatte), das bedeutet, was ist noch Peugeot oder Citroen Peugeot oder Citroen? Einmal davon abgesehen, dass Peugeot mit Citroen mehr als nur den Gruppennamen teilen.
Sogar BMW wird Stück für Stück dazu übergehen, sich mit anderen zu "verbrüdern". Der Mini-Motor kommt aus einem Gemeinschaftsprojekt mit der PSA-Gruppe zustande und es heißt, dass der neue 1er Frontantrieb haben soll, damit man mit der PSA-Gruppe das entwickeln kann.
Und dann nehmen wir den FIAT 500. Ist es nicht so, dass er nur deswegen konstruiert werden konnte, weil man FORD ins Boot geholt hat und dann auch noch die Basis vom Panda herangezogen hat?
Und von VW und Audi und Co brauche ich erst gar nicht reden, denn die haben dieses System noch mehr verinnerlicht als FIAT und das mit Erfolg (siehe Marktanteile).
Wir können die gute alte Zeit beweinen, Sehnsucht nach ihnen haben, aber sie wird nicht zurückkehren und daher schaue ich nach vorne, natürlich ohne die Vergangenheit zu vergessen, aber die Realität ist die, die wir vor Augen haben.
Schau, 2004-05 war FIAT de facto pleite - also nicht vor 20-30-100 Jahren, sondern vor 5-6 Jahren. Die Situation war katastrophal. Die Gründe haben wir beide ja oft ausdiskutiert und wenn mir heute in einer dunklen Gasse Romiti über den Weg lief- wer weiß, wie meine Reaktion wäre. Alfa schrieb (schreibt) jedes Jahr 300 Mio. Miese, Lancia hatte im Programm mit dem Thesis und Lybra nicht nur zwei unverkäufliche Modelle, sondern verschlimmerten noch die finanzielle Situation der FIAT-Gruppe. Dazu machte man den entscheidenden Fehler (vielleicht auch mit Absicht), nichts mehr zu investieren. Die Forschung war nicht vorhanden, Benziner, einst eine Stärke der Italiener, nicht mehr da, sondern bei GM als Bittsteller auftretend und es war klar, dass GM FIAT übernehmen würde. Der Agnelli-Clan hätte sich die Hände in Unschuld gewaschen und ihre Schäfchen im Trockenen gehabt.
Verstehst du? FIAT war pleite, mit einem riesigen Schuldenberg und kein Geld, für die Entwicklung. Dann verstarb Giovanni Agnelli und nach einem wohl internen Machtkampf mit dem Wahl der "M&M-Monarchie" kam ein Team an die Spitze, deren Aufgabe darin bestand, FIAT vor der Pleite zu retten. Der Agnelli-Clan hatte sich entschieden, dass FIAT eigenständig bleiben sollte und mit der "Strafzahlung" von GM an FIAT samt des Verkaufes von Tafelsilber konnte man wenigstens ein paar neue Modelle auf den Markt bringen und neue Entwicklungen betreiben.
Schau dir an, wo FIAT auch technisch 2005 stand und was man in Rekordzeit geschaffen hat. Mehr war nicht drin. Dass dabei vielleicht auch der eine oder andere Fehler passiert ist, bleibt nicht aus, aber es ist ja auch nicht so, dass alle anderen immer nur alles richtig gemacht hätten. Das geht nicht, aber heute steht FIAT gesünder dar, aber mit dem Problem, dass man durch die Abwesenheit von einem Jahrzehnt bei der Entwicklung, nicht nur Boden verloren hat, sondern von der deutschen Konkurrenz regelrecht überrollt wurde. Genau in dieser Zeit hat vor allem VW "alles richtig" gemacht. Ob das immer so gehen wird, muss man abwarten, denn auch Toyota schien unschlagbar und musste nun Schiffbruch erleiden.
FIAT ist nicht sehr glücklich, die neue Chrysler-Bodengruppe, die unter dem neuen 300 C und anderen Fahrzeugen kommen soll, übernehmen zu müssen, weniger, weil sie "schlecht" ist, als dass sie zu kostenintensiv sein soll. Sie war aber schon fast fertig und damit schon zu viel Geld reingesteckt, als dass man sie hätte einstanzen hätten können.
Somit wird diese Plattform auch bei den Italienern verwendet werden und mit Sicherheit vom der neue V6 von Chrysler, der dazu auch noch mit "Ethanol" gefahren werden kann, was für die Italiener besonders interessant ist, denn mittlerweile ist Brasilien der wichtigste Markt für FIAT.
Damit wird man sehen, ob nun ein Lancia oder Alfa mit so einer Plattform gut wird oder nicht, aber allein die Tatsache, dass sie nun von Chrysler kommt, ist für mich kein Beweis, dass sie nun schlecht sein muss.
Über das Design wurde viel gemunkelt, aber wer glaubt hier wirklich, dass FIAT sich einer Politik entziehen kann, die andere Hersteller (siehe VW) auch noch teilweise sehr erfolgreich anwenden. Opel wird auch den Insignia verkaufen und die Deutschen werden darauf schwören, auch wenn der Buick im Endeffekt das Gleiche ist und VW erlaubt es sich, einen Exeo zu bauen, der nichts anderes ist als ein alter Audi A4 und das auch noch optisch. Um einen anderen Weg gehen zu können, fehlt es FIAT an Kapital und was noch entscheidender ist: Image und Lobby. Die deutsche Autoindustrie ist in Deutschland eine große Lobby, die FIAT in Italien nicht hat. Damit nicht genug. FIAT ist mit Abstand das meistgehasste Unternehmen Italiens (das gehört zur italienischen Eigenart).Dazu kommt noch eine andere Mentalität (siehe Berlusca und Audi, ergo alle wollen Audi haben).
Man kann nicht Dinge machen, wenn einem die Möglichkeiten in jeder Hinsicht fehlen.
Daher müssen wir nun mit einer Realität leben, ob es uns gefällt oder nicht. Ich will die Ergebnisse sehen und dann und nur dann werde ich sagen, die neuen Lancias sind Mist oder nicht. Ich will sehen, ob nun die Marke Lancia in den vier oder fünf Ländern bestehen bleibt, oder in ganz Europa, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass in einem Land, in dem 100 Lancias verkauft werden (also so viel, wie beinahme mein Freundlicher allein verkauft) große Überlebenschancen bestehen. Alles hängt davon ab, was die Marktanalysten sagen werden, nämlich was mehr Kunden bringt, Lancia oder Chrysler und ich bin ganz ehrlich, außerhalb der romanischen Länder bzw. mit einem romanischen Hintergrund wie der französische Teil Belgiens, sehe ich Chrysler vor.
Tanti saluti e buona giornata
Bernardo