Artikel zu Lancia in einer österreichischen Qualitätszeitung

integralisto
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Artikel zu Lancia in einer österreichischen Qualitätszeitung

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Liebe Lancisti,

die folgenden Artikel wurden am Sonntag in der Presse publiziert - siehe Anhang.

Leider musste ich den Artikel "Lancias Hoffnung auf die Renaissance" stark komprimieren. Zur Sicherheit und besseren Lesbarkeit folgt nun der unformatierte Text:

[b]Lancias Hoffnung auf die Renaissance[/b]

[i]Der Stellantis-Konzern deutet eine Wiedergeburt von Lancia an. Die Zeit dafür drängt, denn die faszinierende Marke ist bald nur noch Enthusiasten ein Begriff. Worauf können Fans nun hoffen?[/i]

_ VON TIMO VÖLKER

Leicht ist es nicht, das eine Lancia- Modell auszumachen, das für über 100 Jahre ereignisreiche Markengeschichte stehen (und diesen Beitrag schmücken) soll.

Nimmt man den Lambda von 1923? Dies war immerhin das erste Auto der Welt mit selbsttragender Karosserie (ein Meilenstein und Bruch mit der Ära des Ford Model T, der erst in den Fifties zum Standard werden sollte), Einzelradaufhängung und einem Vierzylinder in V-Form (auch den V6 brachte Lancia später als weltweit erster Autohersteller in Serie).

Aber schon 1907, ein Jahr nach Firmengründung, hatte sich ein Lancia-Modell hervorgetan – mit der Besonderheit eines sehr tief liegenden Chassis, ermöglicht durch den Gebrauch einer Kardanwelle, als andere noch auf Kettenantrieb setzten.

Oder das Vorkriegsmodell Aprilia, das Prinzipien der Aerodynamik erstmals bei einem erschwinglichen Alltagsauto anwandte. Firmengründer Vicenzo Lancia, der 1937 mit 55 Jahren starb, hatte es noch selbst konstruiert.

Lancias Aurelia wiederum hätte uns als betörender B24 Spider die Gelegenheit geboten, Brigitte Bardot ins Bild zu rücken – sie zählte, wie auch die Jet-Set-Promis Marcello Mastroianni, Alain Delon und Jean-Paul Belmondo, zu den Begleitern und Freunden der Marke. Oder das Fulvia Coup´e mit seinem wunderbaren Heck, den Booten von Riva nachempfunden.

Unabhängigkeit perdu. Wir entschieden uns für den einzigartigen Stratos, Bertones Brutalo-Monument der Keilform, als Wegscheide zwischen Frühgeschichte und sozusagen Neuzeit der Marke. Man kann darüber streiten, ob Lancia im ersten Leben – als unabhängiger Hersteller – heller strahlte oder später als Teil des Fiat-Konzerns.

Denn die Übernahme durch Fiat war 1969 erfolgt – auch BMW und Mercedes hatten Interesse gezeigt –, die Unabhängigkeit damit perdu, aber immerhin gab es nun Mittel für fantastische Rallye-Einsätze, für die der Stratos eigens und nahezu ausschließlich entwickelt worden war. Die aus den Wettbewerbsregeln abgeleiteten Exemplare für die Straße ließen sich kaum verkaufen. Was für ein Missverständnis: Ein solches Exemplar, damals mit hohen Rabatten verschleudert, erzielt heute locker ein Zigfaches des ursprünglichen Preises.

Auf der Rallyepiste lieferte der nur von Könnern zu bändigende, radikale Mittelmotorwagen mit quer eingezwängtem Ferrari-V6 jedoch. En suite holte Lancia mit dem Stratos als Marke die WM-Titel 1974, 1975 und 1976, den ersten Fahrer-WM-Titel, der vergeben wurde, schnappte sich gleich Stratos-Pilot Sandro Munari 1977.

Soviel Erfolg einer zugelaufenen Tochter musste den Neid der Konzernmutter wecken. Fiat lenkte die Budgets denn auch bald um für einen eigenen Auftritt in der Rallye-WM (Weltmeister Walter Röhrl auf Fiat 131, 1980!), und Lancia kam erst Jahre später wieder zum Zug. Wiewohl massiv mit dem epochalen 037 – allerletztes Aufzeigen eines Hecktrieblers im Sport – und später mit dem Delta HF Integrale in ikonenhafter Martini-Livree. Zeitweise war Lancia gleichzeitig in der Rallye-WM und im Langstreckensport unterwegs und strapazierte die zunehmend knapp gehaltenen Budgets.

Aristokratisch. WM-Titel zum Auffädeln, daher ein sportliches Image und von jeher der Ruf einer höchst innovativen Ingenieursmarke – zudem genoss Lancia auch unter Fiat-Regie genügend Freiheiten, den eigenen Zugang weiterhin zu pflegen. Wie könnte man den beschreiben? Aristokratisch und elitär sind Attribute, die Lancias gern verliehen werden. Denkt man an frühere Modelle, hat man besondere Interieurs vor Augen: Raffinesse und Kunstsinn bei der Materialauswahl und der Gestaltung der Cockpits zelebrierten ein Ambiente gehobener Italianit`a , gegen das die teutonischen Beiträge, nun ja, eben sehr deutsch erschienen. Zeitlose Schönheiten hat Lancia ausreichend produziert, um mühelos ein ganzes Museum zu bestücken. Doch inzwischen ist die einst Funken sprühende Marke selbst zu einem Museum verkommen.

Dass Eigensinn und Extravaganz in einer Autowelt der Konzern-Synergien und gemeinsamen Plattformen einen schweren Stand haben, ist ein allgemeines Phänomen. Lancia konnte sich zunächst in Gemeinschaftsprojekten mehrerer Marken – auch solcher, die nicht zum Konzern gehörten, wie Saab – gut behaupten. Anfang der 1990er produzierte die Marke ihre höchsten Stückzahlen, die Modelle hießen Dedra, Delta, Kappa. Mit dem Thesis wurde schließlich pure Avantgarde in der Oberklasse gefeiert – leider ohne Erfolg am Markt. Ein außergewöhnlicher Beitrag, dem die gebührende Verehrung als Youngtimer durch chronische Elektronik- Zores wohl versagt bleiben wird. Dann gingen auch im Konzern Fantasie und Zuneigung. Fiat-Boss und Zahlenjongleur Sergio Marchionne gelang zwar das Kunststück, den US-Hersteller Chrysler (samt Jeep und Dodge) zum Spottpreis einzugemeinden, aber die Idee, Chrysler-Modelle in Europa als Lancia zu vermarkten, konnte den Enthusiasten nur Schmerzen bereiten – und kaum neue Kunden überzeugen. Nach dem Experiment wurden die Rollläden auch gleich heruntergelassen – und der Verkauf von Lancias auf den italienischen Heimmarkt reduziert, mit einem einzigen Modell. Der Kleinwagen Lancia Ypsilon ist mittlerweile zehn Jahre alt, dabei stand er von Haus aus auf keiner frischen Fiat-Plattform. Dass er sich in Italien dennoch gut verkaufte, führte zum Kuriosum, dass die solcherart beschnittene Marke mehr verkaufte als Alfa Romeo weltweit – die andere vernachlässigte Perle im Sortiment, das nun zum franko-italo- amerikanischen Stellantis-Imperium gehört. Dort kümmert sich nun der oberste Stylist um die Geschicke von Lancia – ob und welche Modelle jedoch entwickelt werden, darüber schweigt man bislang. Es ist ein Hoffnungsschimmer und im besten Fall: ein Lebenszeichen.

_

BMW und Mercedes hatten Interesse an Lancia gezeigt – doch am Ende übernahm Fiat. Chrysler-Modelle als Lancias verkaufen: Das Experiment endete erwartungsgemäß.

GEBROCHENE LANZE

Geschichte. Die 1906 von Vicenzo Lancia gegründete Marke (frühes Logo: Lanze, Banner, Lenkrad) zählt zu den ältesten unter dem Dach des Stellantis-Konzerns, nur Peugeot und Opel bauten davor schon Autos. Lancia zählt zu den innovativsten Herstellern der Automobilgeschichte.

1969 von Fiat übernommen, folgten einige gute Jahre, mit den frühen 1990ern als Hochblüte.

Zukunft. Heute ist Lancia auf ein einziges Modell reduziert und tritt nur auf dem Heimmarkt Italien auf. Stellantis ließ soeben mit der Meldung aufhorchen, die Design-Belange der Marke würden zur Chefsache (des obersten Stylisten im Haus) gemacht. Das bedingt aber auch neue Modelle, die eine Wiedergeburt von Lancia einleiten könnten.

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Ich hoffe, dass dies so eintritt und ich mir endlich wieder eine neue Lancia kaufen kann, alte Damen habe ich schon. Eigentlich weigere ich mich nicht gegen den Zuzug älterer Damen, jedoch möchte meine bessere Hälte hin und wieder ein neues Auto. :D

Viva Lancia
Leopold
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LCV
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Re: Artikel zu Lancia in einer österreichischen Qualitätszeitung

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Ich möchte anmerken, dass der Firmengründer Vincenzo Lancia hieß - nicht Vicenzo.
Lancia Club Vincenzo - Int. Lancia Flaminia Register - Int. Lancia Thema Register - Eurovan 1 IG - SAAB-Freunde Südbaden
www.lancia-club-vincenzo.com
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