Nun auch eine Hommage von mir für den Lancia Delta (844):
Als ich 2006 das „Concept Car“ des Deltas sah, hatte ich schon innerlich mit Lancia abgeschlossen gehabt und geglaubt, nie mehr ein neues Lancia-Modell mein Eigen nennen zu dürfen. Das Concept Modell gefiel mir auf Anhieb – zumindest wie er in den Zeitschriften abgelichtet war, aber ich hatte mich längst anderweitig orientiert. 2007-08 kam mir der Gedanke, den Dedra auszutauschen, also kam mir der gleichlange Bravo in den Sinn. Er gefiel mir, speziell als Sport-Version, hatte aber ein „kleines-großes“ Manko, nämlich diesen für mich zu „kleinen“ Motor. Ich hatte zu der Zeit noch einen Punto HGT und das „Erstfahrzeug“ sollte von den Fahrleistungen oberhalb des HGTs liegen und nicht in etwa gleichauf.
Und so zog sich das dann in die Länge, weil ich nicht komplett überzeugt war und einen Abarth-Kit hätte ich für den Bravo über Umwegen bekommen können, aber dann wäre der Preis deutlich angestiegen und die Problematik mit der Garantie wäre dann auch dabei gewesen.
Dann kamen die ersten offiziellen Fotos vom Delta und zuerst sah ich den Delta von vorne und fand ihn wirklich gelungen, bis ich dann die Fotos mit der Heckansicht sah und ich mich fragte, ob die in Turin komplett verrückt geworden seien und ob der Designer zuvor zu tief ins Glas geschaut habe, denn das sah für mich „fürchterlich“ aus und ich stand da nicht allein. Die einhellige Meinung in Italien? „Hässlich“, „das hässlichste Auto auf dem Markt“.
Irgendwann bin ich dann Ende Mai zu meinem Freundlichen hin und zu meinem Erstaunen standen dort in einem gesonderten Raum eine Reihe von Lancia Deltas, obwohl ja die offizielle Vorstellung für Ende Juni vorgesehen war. Und das war der erste Kontakt, der mich umgehauen hatte. War auf den Fotos gerade das Heck ein „No Go“, war es nun live genau der Teil des Deltas, der mir am besten gefiel.
Ich holte dann meine Eltern, die im Auto noch saßen, mit und gerade mein Vater „verliebte“ sich sofort in den Delta. Es war das erste Fahrzeug, in das er sich hinten reinsetzen konnte (er konnte nach dem Kniebruch ein Bein nicht mehr komplett knicken und bisher kam er nirgendwo hinten rein, auch nicht in einem gleichgroßen 3er BMW jener Zeit).
Aber optisch gefallen ist die eine Seite, wenn der Rest nicht passt. Ich konnte dann den Delta sofort zur Probe bekommen. Es war ein Modell noch aus der Vorserie (in der Serie wurden einige Veränderungen dann vorgenommen, wie die Ummantelung der Gurtbefestigung am Boden, das Material des Dachhimmels, aber auch fahrwerksseitig) und das merkte man sofort. Die erste große Kurve, dann ein Kreisverkehr und da war dann der Magen, der sich sofort meldete.
Mein Freundlicher sagte mir hinterher, ich hätte mir ja keine Sorgen machen brauchen, weil ja das System eingegriffen hätte, aber für mich war schon das ein No Go und es stand fest, so ist das mit dem Delta nichts für mich, einmal davon abgesehen, dass die Leistung nicht stimmte, auch wenn der „Millequattro“ (1,4) sicherlich auch im Delta eine sehr gute Figur machte.
Mein Freundlicher fragte nach meiner Rückkehr, ob der Delta nichts für mich sei, worauf ich dann antwortete, dass der „passende“ Motor fehle. Er meinte dann, dass zwei stärkere Motoren noch kommen werden, zuerst im Oktober ein Biturbo-Diesel und 190 PS und wohl eher für mich, ein 1,8er Turbobenziner mit 200 PS.
Also wurde ich hellhörig, denn einerseits gefiel mir der Bravo sehr, andererseits der „passende“ Motor gab es nur im Abarth Punto, nicht im Bravo und der Delta hätte mehrere Lösungen gleichzeitig parat gehabt, allerdings war der mir zu lang, länger als der Dedra, beinahe 20cm.
Aber mir war auch klar, so, wie dieses Vorserienmodell durfte der Delta nicht laufen. Ich war vom Fahrwerk immer etwas anderes gewöhnt und große „Umbauaktionen“ wollte ich mir auch nicht antun, schon gar nicht in Italien, wo so etwas, wenn man es legal machen will, zu einem bürokratischen Alptraum wird. Aber nun hatte ich ein Projekt. Zuerst ging der Dedra weg und dann ließ ich mir über Lancia eine Testfahrt organisieren, wobei ich den Biturbo testeten wollte, denn mein Credo, wenn der 1,9er fahrwerksmäßig in Ordnung sei – woran ich kein Zweifel hatte – dann würde der 1,8er „mindestens“ genauso gut sein.
Also bekam ich dann den Termin, ein schwarzer Biturbo als Platino mit dem Panoramadach, aber sonst nicht viele Extras. Nach der Testfahrt war ich dann überzeugt, denn Lenkung nicht so schwammig und so extrem „leicht“ wie beim Vorserienmodell.
Der Vorführwagen gefiel mir so gut, dass ich ihn – wenn der Preis gestimmt hätte – sofort, auch ohne die Extras, die mir vorschwebten, genommen hätte, aber der Händler wollte beinahe den Neupreis haben und somit war das dann gegessen.
Was mir beim 1,8er nun störte, dass es weder Sportsitze noch ein Schaltgetriebe geben sollte. Ich hatte gegen Automaten immer schon Aversionen und für mich gehörte zum „sportlichen“ Fahren halt ein Schaltgetriebe, weil man einfach auch mit der Kupplung arbeiten kann.
Aber da man mir sagte, dass man in Turin einfach aus Kostengründen nur eine Lösung anbieten könne, ergo man sich für den Automaten entschieden habe, der aber dafür wenigsten die Schaltwippen habe. Also war mir klar, wenn ich den 1,8er nehmen wollte, dann müsste ich halt die „Kröte“ Automatik schlucken.
Die nächsten Wochen und Monate aber wurden eine „unendliche“ Wartezeit. Die Lancia-Hotline war außerstande, mir zu sagen, wann denn endlich der 1,8er herauskomme, ja eine Dame wollte mir einreden, es werde keinen geben.
Dann der erste „Schock“, statt „exklusiv“ für den Delta („exklusiv“ heißt normalerweise „zuerst“), kam der 1,8er Motor zuerst im Alfa 159er, wofür der Motor eigentlich nicht vorgesehen war. Der zweite „Schock“, der Alfa kam mit einem Schaltgetriebe heraus, obwohl man mir doch lange immer und immer wieder erklärt hatte, man könne den Delta nur mit dem Automaten anbieten, weil man sich für eine der beiden Lösungen entscheiden musste und die Wahl sei auf den Automaten gefallen. Ein Schaltgetriebe nur extra für den 1,8er Delta anzupassen, sei zu „kostspielig“ geworden.
Also war ich, um es einmal nett zu sagen, „leicht irritiert“. Mehr noch, ein Tag vor der Präsentation des Deltas sagte man mir, man wisse nicht, wann der Delta herauskäme, man habe keine weiteren Infos und ein Tag später dann die Vorstellung, wobei man die Executive-Variante vorgestellt hatte und wieder konnte mir keiner sagen, ob nun der Motor „nur“ mit dieser Ausstattungslinie herauskäme oder auch mit den anderen, denn der Executive kam für mich wegen der Rückbanklösung nicht infrage. Der 159er wiederum wurde in Italien mit der Einführung der „neuen“ Generation, die mit dem TBi-Motor eingeführt wurde, erheblich günstiger. Lagen zuvor zwischen 159er und Delta im Schnitt ein Preisunterschied von 5.000-8.000 Euro, war dieser Unterschied nicht mehr vorhanden.
Also kam der Alfa bei mir in den Fokus, denn zum einen war (und ist immer noch) der 159er ein wunderschönes Auto, zum anderen hatte er den Motor mit einem Schaltgetriebe, was damals für MICH sicherlich ein Kaufargument war.
Die Zeit verging und die Veröffentlichung des 1,8er Deltas war immer noch ein Geheimnis. Mein Freundlicher, der HF-Mitglied war, bekam vom Club dann den Brief, den Lancia dem Club geschickt hatte. Demnach sollte die Vorstellung am 9./10. Mai sein.(die Club-Mitglieder haben immer das Privileg, als erste bestellen zu können) Als Händler wusste mein Freundlicher bis eine Woche vor dem offiziellen Termin nichts, eben nur über diesen Club.
Ein Tag vor dem „Tag der Offenen Tür“ bekam mein Freundlicher einen 1,8er, aber viel zu spät, um ihn noch anzumelden. Zuvor hatte ich mir noch einen Termin für eine GTI-Probefahrt geben lassen und so kam ich dann am Vortag der Präsentation in den Genuss – in dieser Reihenfolge – einen Golf 6 GTI, dann den 1,8er Delta und zu guter Schluss, den Alfa 159er TBi zu fahren.
Den größten Fehler, den ich gemacht hatte, war den Alfa direkt nach dem Delta zu fahren (die Händler sind nicht weit auseinander), denn nach der Testfahrt war klar, der Alfa würde es nicht werden. Der Delta wirkte deutlich leichtfüßiger und die Kupplung im Alfa war – anders als im Delta Biturbo, der das gleiche Getriebe hat – für meinen Geschmack (und mein Knie) einfach zu schwergängig. Das Angebot des Händlers war echt gut – wie ich dann einige Tage später feststellen konnte – und der Alfa hätte mir weniger gekostet als der Delta.
Dann der Tag der Offenen Tür, an dem in Italien keine Verträge geschlossen werden dürfen, aber Kostenvoranschläge können angefertigt werden. Ich hatte mir schon eine Strategie entwickelt, weil ich „schwere Verhandlungen“ befürchtete, doch es kam komplett anders. Das Angebot war derart gut, dass ich nur akzeptieren konnte. Beim nächstmöglichen Termin habe ich dann den Delta bestellt gehabt und nun kam das Problem, wann der kommen sollte, denn ich hatte für den 24.7. einen Flug gebucht gehabt und der Wagen war für den 27. ausgezählt und so saß ich auf heiße Kohlen. Dann am 22.7. der Anruf meines Freundlichen, der Wagen sei da, denn er war zu einem Treffen für Marelli in Rom und hat dann einen kurzen Abstecher nach Cassino gemacht gehabt und den Delta direkt abgeholt, um das Fahrzeug noch rechtzeitig dazuhaben.
Dann nach dem Telefonat schnell zum Freundlichen hin und da stand er dann, draußen, noch mit einer Wachsschicht. Mein Herz schlug höher und scheinbar waren alle bestellte Details – anders als seinerzeit beim Punto – vorhanden. Am nächsten Tag so gegen 17 Uhr konnte ich den Delta endlich mitnehmen. Da man keine Zeit hatte, den Delta „aufzubereiten“ (normalerweise überprüfen die ein Auto, justieren hier und da nach, wenn notwendig, bevor man dem Kunden das Auto übergibt), sagte man mir, sollten Probleme auftreten, werde man das, sobald ich aus dem Urlaub zurück sei, nachholen.
Die erste Überraschung sofort, keine gesonderte „Sporttaste“ für das RSS. Ich musste meinem Freundlichen vertrauen, der meinte, das schalte man über die Sporttaste des Automaten. Und dann schon sofort noch zur Versicherung, schnell den Differenzbetrag zur „alten“ Versicherung begleichen und dann ein wenig den Delta noch fahren, denn ich musste ja in der Nacht nach Rom zum Flughafen fahren. Also ca. 100 km gefahren, in die Garage „eingesperrt“, nachts noch einmal kurz in die Garage, um den Wagen noch einmal zu sehen und dann war ich drei Woche weg.
Nun habe ich ihn einige Jahre und für mich ist es jedes Mal wie beim ersten Mal. Gerade der 1,8er ist wie ein „Modellathlet im Maßanzug“. Anders als der Dedra, der wesentlich nervöser operierte, dessen 2-Liter-Turbomotor wesentlich brutaler herkam, macht der Delta alles unangestrengt, läuft auch bei hoher Geschwindigkeit ruhig geradeaus, anders als der Dedra, der deutlich unruhiger wirkte.
Aber gerade dieser doppelte Charakter, einerseits im „Maßanzug“, also laufruhig, überlegenes Fahren, gut isoliert, schon beinahe zu viel Ruhe im Auto, andererseits dann der „Athlet“, der aber selbst unter „Einsatz“ praktisch nie aus der Ruhe kommt.
Als ich heute von einem Ausflug zurückkam, habe ich extra anstatt die Autobahn zu nehmen, die kurvenreiche „Altstrecke“ genommen und es war wieder ein Erlebnis, wie geschmeidig er selbst unter „zügiger“ Kurvenfahrt reagiert. Selbst wenn ich ihm die Sporen gebe, bleibt er immer gelassen. Ich war ja schon mit den ca. 200 PS im Dedra (Tuning) verwöhnt gewesen, aber dieser Motor macht das in jeder Hinsicht besser. War ich immer ein Gegner eines Automatikgetriebes, im 1,8er ist es der ideale Begleiter, denn eigentlich befindet man sich – im manuellen – Modus immer im optimalen Bereich. Ein Überdrehen gibt es nicht, Drehzahlbegrenzer, die einen die Kraft rauben, ist auch Fehlanzeige und wenn der Automat in den nächsthöheren Gang schaltet, ist man immer im Leistungsoptimum.
Auch optisch macht der Delta immer noch eine hervorragende Figur. Hier liegt der Delta in der Lancia-Tradition, denn das „Lancia-Design“ war oft der Zeit voraus und selbst noch nach Jahren waren sie noch „modern“, während gleichalte Konkurrenten längst als „uralt“ wirkten.
Hier gibt es noch viele Deltas und allein in meinem Dorf und in unmittelbarer Nähe gibt es mindestens drei weitere Deltas, vielleicht noch den einen oder anderen mehr, der vielleicht irgendwo noch herumfährt, den ich nicht auf meinem Radar habe.
Traurig, dass am Ende das Image viel wichtiger als die Substanz ist, denn sonst wäre der Delta wesentlich erfolgreicher gewesen. Sein Problem war halt, er war für diejenigen, denen das Image zweitrangig war, zu teuer und wer das Geld dafür hatte, gab/gibt es lieber für deutsche Autos aus, eben weil man dann eine „bella figura“ machen kann, was scheinbar viel wichtiger ist als sich ein Auto für sich selbst zu kaufen und nicht für den „Applaus“ anderer.
peccato, schade, „škoda“