Borgward

[Sol]

Meines Wissens nach kann von einer Fertigung in Bremen nicht
die Rede sein. Es sollen im Prinzip fertige Autos aus China kommen,
die dann in Bremen nur noch ein paar Applikationen erhalten.

Eine Alibi-Fertigung, um das Auto als Made in Germany zu verkaufen
und um evtl. Zölle zu umgehen.

Lancia zu revitalisieren wäre immer noch möglich. Lancia kennen zwar
auch wenige aber die Marke gab es ja bis vor Kurzem noch.

Die Borgward-Zeit liegt zu lange zurück um damit einen nennenswerten
Image-Vorteil zu haben.
Die Auto-Welt strebt in eine revolutionäre Zukunft, da ist ein Name aus
Großvaters Zeiten eher hinderlich.

Wünsche dem Projekt aber viel Erfolg, weil es mutig ist.

[Delta LX]

«… Lancia kennen zwar auch wenige aber die Marke gab es ja bis vor Kurzem noch. …» - Auch wenn keine Lancia-Neuwagen mehr in DE verkauft werden, gibt es die Marke weiterhin - nebst IT auch in weiteren (Export-)Märkten. Und ob der aktuelle Ypsilon (846) wirklich Ende der Fahnenstange bedeutet, bleibt abzuwarten. Denn noch gibt es in der Markt-, Marken- und Produktplanung von FCA zu viele Unwägbarkeiten. Was auch mit der Nachfolgeregelung von SM zusammenhängt.

[acerdirk]

Der Ypsilon wird bis Februar 2017 in Deutschland vertrieben,

[LCV]

Die Autos werden wohl künftig in Stuttgart entwickelt, wo man
den ehemaligen IBM-Gebäudekomplex übernommen hat und
das Entwicklungszentrum einrichtet. Die Einzelkomponenten
der Autos werden in China und wo auch immer vorgefertigt und
am jeweiligen Produktionsstandort zusammengebaut. Das machen
aber andere Autohersteller auch. Welches Auto wird schon von der
ersten bis zur letzten Schraube in einem Land produziert?
Die Zulieferer sitzen auch überall auf dieser Welt.
Es würde mich aber eher überzeugen, wenn das Auto nach
unseren Qualitätsstandards in Deutschland gefertigt wird
als einfach nur aus China importiert.

Ob ein Image aus Großvaters Zeiten schadet, wage ich zu
bezweifeln. Immerhin standen die Borgward-Modelle für einen
hohen technischen Standard und waren qualitativ über jeden
Zweifel erhaben. Dass Borgward Anfang der 60-er Jahre am
Ende war, hing sicher nicht mit der Qualität der Autos zusammen.
Der Chef war Ingenieur, aber kein Geschäftsmann und dies
und diverse Intrigen seitens Konkurrenz, Politik und Banken
führten zur Pleite. Auch die FFF-Lancia-Baureihen waren
hervorragend, aber aus verschiedenen Gründen zu teuer.
Im Unterschied zu Borgward, das einfach über 50 Jahre im
Dornröschenschlaf lag, hat man den ehemals guten Ruf der
Marke Lancia systematisch demontiert. Als Lancia noch eine
Alternative zu Mercedes darstellte, nannte man Lancia den
Mercedes oder Rolls Royce Italiens, wobei Lancia innovativer
war als Mercedes. Lancia war ein technischer Vorreiter und
in Sachen Qualität über jeden Zweifel erhaben. Ein solches
Image hatte in Italien bestenfalls noch Isotta-Fraschini. Aber
das hatte man ja zerstört, Lancia quasi auf Fiat-Alfa-Niveau
heruntergeschraubt.

Dies blieb Borgward erspart und es sollte kein Fehler sein,
sich auf die traditionellen Werte zu besinnen. Mercedes versucht
das ja mit Maybach, was aber in einer Preisklasse stattfindet,
die ohnehin keine Stückzahlen generieren kann. Oder Bugatti
ist auch so ein Fall.

Da ist Borgward sehr viel bodenständiger und offenbar ist
der hinter Borgward stehende chinesische Lkw-Hersteller
solvent genug, um das solide zu finanzieren. Wie bei Volvo
und Jaguar/Land Rover sind hier nur Geldgeber am Wirken.
Die Entwicklung und Herstellung wird immer noch von den
bisherigen Leuten gemanagt, nur dass sie jetzt das nötige
Kapital zur Verfügung haben. Auch das kann sich lohnen.
Tata hat z.B. massive Probleme. Dieser Riesenkonzern mit
weltweit ca. 600.000 Mitarbeitern steckt voll in der Krise, sodass
der Seniorchef jetzt die Zügel wieder in die Hand nimmt. Aber
interessanterweise kommen über 90% der Gewinne von der
Autoproduktion. Mit Ausnahme des Nano, der eine totale
Fehlentwicklung war und wahrscheinlich jetzt auch eingestellt
wiird. Das zeigt aber, dass die Marken Jaguar, Aston Martin,
Volvo, SAAB und andere als Teil großer Autokonzerne wie
GM und Ford Verluste brachten, offenbar wegen zu großer
Einmischung und Sparmaßnahmen, während zumindest
Jaguar/Land Rover und Volvo sich gut entwickeln. SAAB ist da
leider an einen Typen geraten, der alles noch schlimmer machte
und die Insolvenzverwalter in 50 Jahren das noch nicht entwirrt
haben werden.

Natürlich könnte man auch Lancia wiederbeleben, aber das
halte ich für schwieriger und vor allem teurer als das Borgward-
Projekt. Borgward wurde nicht demontiert, sondern verschwand
quasi schlagartig. Es wurde nicht auf das immer wieder von
Stammtischbrüdern bemühte Image des schon im Prospekt
rostenden Autos reduziert. Ich behaupte, es wäre einfacher,
wenn Lancia 1969 den Laden dicht gemacht hätte und jetzt
mit ausreichend Kapital wie Phoenix aus der Asche einen
Neustart hinlegen könnte. Eine gute Tradition, ein noch völlig
intakter Name, aber keinerlei Altlasten würden hier negativ
hineinwirken.

[LCV]

acerdirk schrieb:
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> Der Ypsilon wird bis Februar 2017 in Deutschland
> vertrieben,

Vor allem hat FCA Kunden vertrieben. >:D<

[evo16v]

Naja, vertrieben ist etwas hochtrabend, bis September wurde noch 21 homöopathische Stück zugelassen in 2016.
Zum Vergleich dazu in der kleinen Schweiz 78. Aber im Vergleich zu den 51500 in Italien alles lächerlich, selbst die 452 im 'zweitstärksten' Markt Spanien fallen jetzt nicht wirklich ins Gewicht. Lancia ist ausserhalb Italiens tot, das ist einfach Realität.

[acerdirk]

Kein Widerspruch, nur der Hinweis auf die Tatsache, dass Lancia bis Februar 2017 noch Neuwagen in Exportmärkten verkauft und danach nur noch in Italien - mal sehen, wie lange.

[Delta LX]

«… Das zeigt aber, dass die Marken Jaguar, Aston Martin, Volvo, SAAB und andere als Teil großer Autokonzerne wie GM und Ford Verluste brachten, …» - Nun, indem sich die Schweden (der Wallenberg-Familie) damals für die US-Amerikaner von GM als Partner entschieden, dafür die Offerte aus Turin mieden, hat natürlich damit zu tun, dass insbesondere GMs Vertriebnetz in den USA - aber auch global - ein grösseres (Absatz-)Potenzial versprach. Man erhoffte sich in Trollhättan (und Detroit / Zürich) interessante Skaleneffekte; grössere, als eine Kapitalbeteiligung der Agnellis wohl ergeben hätte. Der Rest ist Geschichte. Und auch der Holländer konnte wirklich nicht mehr viel schlimmer machen.

Was die Idee eines internationalen Relaunches von Lancia angeht, bin ich dezidiert anderer Meinung. Auch und gerade, weil man in den relevanten Märkten auf ein bestehendes Händlernetz zurückgreifen kann. Im Vergleich dazu muss sich Borgward sein Vertriebsnetz noch aufbauen. Der Unterschied liegt einfach darin, dass die Chinesen hinter Borgward (Beiqi Foton Motor) allem Anschein nach über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, ein (chinesisches) Produkt mit einer wiederbelebter Marke im Westen zu lancieren. FCA investiert die bescheidenen Mittel zunächst in den Relaunch jener Marke, die global einen höheren Bekanntheitsgrad als Lancia aufweist. Wobei hierfür ja auch das bestehende Händlernetz genutzt wird (auch in den nordamerikanischen Märkten). Bei alledem sollte man als Beobachter das Geschwätz Marchionnes Lancia betreffend als rein opportunistisch motiviert beurteilen, ergo nicht nicht wirklich für bare Münze nehmen…

[Sol]

Sicher waren die Borgward früher gute Autos.

Den Namen kennen aber nur sehr autointeressierte
Leute und hochbetagte Senioren. Man denkt an Borgward
und sieht vor dem inneren Auge eine Isabella aus einer
konservativ-spießigen Epoche der BRD.

Damit wird man kaum ein zukunftsorientiertes Auto verkaufen
können, und der retro-Trend ist schon lange vorbei.

Ich bin kein Tesla-Fan. Aber hier zeigt sich, dass Du keinen
geschichtsträchtigen Namen brauchst, sondern eher eine neue
Marke, eine gute Marketing-Erzählung und einen passenden
Produktion-Standort.
Der Tesla-Fahrer ist stolz, denn er fährt die Zukunft, die im Silicon
Valley gebaut wird. (Wie gesagt bin kein Tesla-Fan, will nur erklären
wie es aus meiner Sicht funktioniert) Würde Tesla die gleichen Autos in
China bauen würden sie nur die Hälfte verkaufen.

Kurz zu Lancia: Ich kenne keine Leute, die negativ über Lancia sprechen.
Wenn wir bei anderen mit unserem Delta auftauchen gibt es immer
wohlwollende und anerkennende Kommentare.

Noch eine Idee für eine Wiederbelebung: eine SUV-Neuinterpretation
des Hanomag Kommissbrot, bisschen Pappe, bisschen Lack, fertig
ist der Hanomag, gibt es da nicht auch noch einen chinesischen
Investor für?

[LCV]

Nun, die Autopresse kennt Borgward durchaus, was zu entsprechender
Berichterstattung führt. Das Geld steht zur Verfügung, was ein wesentlicher
Faktor ist. Dazu das persönliche Engagement des Enkels, der die Marke
wiederbeleben will. Man wird in den nächsten Jahren sehen, was dabei
herauskommt. Einen Unterschied gibt es zu Lancia: Borgward will, Lancia
wollte oder durfte nicht. Alfa soll, zumindest jetzt, aber ob es wirklich kann,
muss man abwarten. Zumindest in Europa sehe ich da eher schwarz.

Was SAAB angeht, so hat der Holländer das Unternehmen für einen
geringen Preis schuldenfrei gekauft. In der kurzen Zeit unter seiner Führung
wurden außer spinnerten Visionen keine nennenswerten Leistungen erbracht,
aber ein riesiger Schuldenberg aufgehäuft. Es wurde ein nahezu unentwirrbares
Konstrukt aus Dutzenden von Beraterfirmen usw. gebastelt, wo Gelder
hingeflossen sind und die Insolvenzverwalter (auch für sehr hohe Honorare)
versuchen, dem nachzugehen. Der "fliegende Holländer" VM bezeichnet sich
selbst auch nur als Berater und nicht als verantwortlicher Firmenchef und
ist angeblich nicht schuld an der Misere. Wer am Ende womöglich hinter
Gitter geht, ist sehr fraglich. Der schwedische Staat hätte auch viel früher
eingreifen müssen. Auf jeden Fall wäre es besser gewesen, man hätte SAAB
damals einfach eingestellt und diese ganze Hickhack vermieden.